a) Entwurf (BN)
Mein theuerer lieber Freund,
Endlich ist sie herbey gekommen die längst so sehnlich
herbey
gewünschte
entgegengearbeiteten Zeit
wo in der es mir vergönnt ist Ihren
letzteren
mir so unaussprechlichen lieben Brief beantworten zu
können
(wo ich Ihnen sagen darf wie lieb er mir war und wo ich
Sie bitten
darf ferner Freund zu bleiben)[.] Konnte? und durfte?
wer verhinderte
Sie daran? werden Sie fragen! Ihnen mein theurer
Freund ist eine
<nichtige> Lage fremd und wird Ihnen was
ich hoffen darf, in Ihren Verhältnißen als Selbster[-]
fahrung
stets fremd bleiben, wo der Mensch
so ganz auf sich selbst zurück
geführt ist, wo er so einzig auf sich selbst
ruht, daß wo er
jedes Mittel zu Erringung eines festen Standhaltes in der
bürgerlichen Welt
jedes Mittel zur Erreichung eines seines Subsistenz sichernden Wirkungskreises
nur
einzig in sich suchen darf, wo der Mensch auch
zur
Erringung eines äußern festen Punktes von dem Aus
sein äußeres
bürgerliches Verhältniß welches für Dienst
bestimmten sichern Unterhalt gewährt sich
stätig und ununterbrochen
für das ganze Leben hindurch fort
entwickelt
Wenn ich hier von einem festen Punkte spreche der
in sich die Quelle
zur Sicherung des Unterhaltes einschließt, so
denke versteh ich unter
Unter[-]
halt
des Menschen nicht allein
ein Brot denn dieß kann man zur Noth
leichteren Kaufes erhalten
sondern hauptsächlich
sondern
dasjenige
was zur erhaltung ausbildung und Steigerung der
geistigen
Natur in dem Menschen nöthig ist, was diese
erfordert
und einen solchen Ort kann es eigentlich in bezug auf
eine Indi[-]
vidualität
gedacht
einen bestimmten Menschen gedacht <eigentlig>
auch nur
einen einzigen geben. Nun lag also nun auch, einzig
zurück
geführt
zu seyn auf mich,
zunächst die große Sorge auf mir
einen solchen Ort zu finden, da
ich ihn gefunden die größere /
[1R]
mich an diesen Ort
zu versetzen und endlich die noch größere
an diesem Orte die
Verhältnisse die Lage aufzusuchen und mir an[-]
zueignen die
jenen Unterhalt des zweynaturigen Menschen dem die niederen [sc:
niedere]
blos dienendes Glied zur Erringung und Ausbildung
der
höheren ist -
am hohen nicht
nur für die Gegenwart sondern [wie] auch das Verhältniß
lehrt
als Quelle für die
die in die
ganze künftige Zukunft, über das ganze künftige
Leben sich
auch die sich über das ganze künftige Leben sich verbreitende
Quelle
desselben enthält. Diese
große Sorge
also
mein theurer Carl,
um die Sicherung des
Fortdauern[s] des geistigen Lebens noch
dießseits, denn darauf
kommt doch am Ende
das Ganze zurück diese große Sorge war
es also mein theurer Carl die mich verhinderte zu <kommen /
können> zu
dürfen Ihren lieben Brief zu beantworten denn der
so ganz nach
sich selbst zurück geführte Mensch ist unfähig die
in ihm liegende Theil[-]
nahme an den frohen Begegnissen anderer
und alle edleren Empfindungen
aus sich durchs
Wort, besonders <es / dieses>
wieder knüpfend an Schrift welches eine
doppelte Richtung der
Thätigkeit nothwendig macht heraus treten zu lassen, die Selbstsorge
ohne bestimmte Richtung unterdrückt im Menschen
jede
Thätigkeit
eines höheren reinern freyeren Lebens /
[2V]
[Einfügung:]
und
wagt zwingt sich der Mensch ja es zu
thun so trägt auch
Zwang das
Herausgetretene den Charakter des Zwanges der
Wi[-]
dernatürlichkeit. Das ruhige Bewußtseyn eines festen
Punktes auch
außer sich in der bürgerlichen Gesellschaft muß der
Mensch haben
wenn er ruhig u. fest aus sich heraus zu andern
Menschen
treten soll. Jetzt aber da ich dieses Bewußtseyn
errungen
habe jetzt
säume eile
ich
nicht länger Ihnen meine
aufrichtige Theilnahme an den
frohen Begegnissen Ihres verehrten
Hauses
auszuspr und meinen
herzl[ichen]
Dank für Ihren lieben Brief auszusprechen und; auch
von der Fort[-]
dauer Ihrer freundschaftl[ichen] Theilnahme an
meinen Begegnissen überzeugt
Ihnen Nachricht von mir zugeben und
ich hoffe daß /
[1R]
[wieder 1R:]
nach dieser treuen
Darstellung
meines seit einem Jahr verlebten inneren Lebens
werden Sie mir ge[-]
wiß
verzeihen werden daß ich so lange gegen Sie schweigen konnte
ohnge[-]
achtet ich viel Ihrer Ihres Strebens und Ihres Lebens
Zweckes
zu u. für dessen Erreichung Sie
sich jetzt immer mehr
insoweit streben
die Mittel in
sich zu vereinigen - dachte. Einige Mal fing ich an
Ihnen zu
schreiben, allein ich konnte es nicht durchführen[;]
und Sie werden nicht wahr
ich
darf hoffen daß Sie verzeihen daß keiner jener Briefe
an
Sie gelangte? /
[2]
[ab Mitte:]
Was ich jetzt
aber von meiner hiesigen Lage sagen
kann werden
Ihre Brüder so gut seyn Ihnen aus ihren Briefen
mitzutheilen für Sie füge ich noch
folgendes hinzu.
Meine
jetzige Lage ist
ihrem Keime nach, und nach
den Verhältnissen
und Umständen die sich an sie anknüpfen, nach
der Verbindung
in welcher die Anstalt mit dem Staate steht, ganz
die nach
der ich
strebte bey dem
Gang meiner individuellen Ausbildung nach
unverwandt streben
mußte. Bis Ostern zwar gewährt sie
mir blos ein Einkommen
meiner was die allerersten
Bedürfnisse des
Menschen in einer Stadt wie B[erlin] -
befriedigt, doch von Ostern
an wird sich dasselbe bey
umfa ausgebreiteterer
Wirksamk[ei]t
wenigstens zum
das
Doppelten erhöhen. Die Hauptsache aber ist
daß sich an
sie
mit verschiedenen Graden der Sicherheit für mich je nachdem
durch ich mich
[auf] die
verschiedenen Grade der Ausbildung
Wissens erhebe
bestimmt die
mehrseitige Aussicht zu einer Anstellung im
Staate anknüpft. Es
wäre gab jetzt schon einen Weg
gewesen wo ich sogleich
unter die
Zahl der vom Staate für Bildung u. Untericht angestellt /
[2R]
werdenden eingereiht wäre, dann hatte [sc: hätte] ich aber
als einer dem
es blos um Anstellung als solcher ohne
Nebenabsichten wo es sey zu thun ist, mir es gefallen
lassen
müssen wohin die Umstände
mich versetzt hätten und da würde es
ohne Zweifel das eigent[liche]
Preußen (Ostpreußen) oder
Schlesien gewesen seyn. Bei meinem
Zweck muß ich aber sehr
wünschen
Berlin nicht eher [zu] verlassen
zu dürfen müssen bis ich das mir
vorgesteckte persönliche Ziel erreicht habe;
wozu zunächst noch
mehrere Jahre nöthig seyn möchten. De
m [sc: Der]
Preuß preußische Staat scheint
aber jedoch auf jedem Falle
wo fand sich auchder zu seyn in
dem ich auch in der Zukunft bleibend wirken werde.
So viel Ihnen
dem theilnehmenden Freund
dennvon mir!
(Wenn
wir nach reiferer ernsten Nachdenken über die
Bestimmung des Menschen u
den
wahren Zweck des Menschenlebens der Beruf und die Ver[-]
hältniße
zum wirken zur Thätigkeit ruft [sc:rufen], so
ist giebt es doch
keinen
<höheren> als nach rein geläuterten naturgetreuen
Grundsätzen, geleitet
von der Natur für die Bildung und den
Unterricht bildungs[-] u Unterichtsbedürfnissen
anderer zu
wirken:)
Ich
habe Sie glückl[ich] geschätzt u schätze sie glücklich wegen des
Verhält[-]
nißes in welches Sie Ihre Sie so innig liebenden
Eltern zu Ihrem jüngsten l[ieben] Bruder
getreten stellten. Gewiß
haben Sie
sich dabey mit Freude und Ge[-]
fühl Ihrer Kraft an die Pflichten
die Verbindlichkeiten lebhaft erinnert
die seit den urältesten
Zeiten
unser unseres Glaubens sich an
dieses Ver[-]
hältniß knüpfte[n], ja eigentl[ich] der
Grund desselben war. Und
wie kann es
ein schöneres Verhältniß zu einem
beginnenden sich entfaltenden
Menschen
eine höhere Pflicht eine uns <würdigerdere>
Verbindlichkeit
gegen ein[en] zur Vollendeten Ausbildung seiner
selbst bestimmten
entfaltenden
sich entwickelten [sc: entwickelnden] Geiste geben: als /
[3]
schützend abwehrend gegen alles das da zu stehen
was
diesem sich aus unendl[ichen] <telos> entwickelnden
unsterbl[ichen] Wesen Hindernisse zu dieser
Entwickelung in den
Weg legen könnte. Was ehrt den Mann u.
Jüngl[ing] mehr als
schützend für die Schwachheit für das kindl[iche] Un[-]
vermögen
da zu stehen?- Der Mensch zum vollendeten Bewußt[-]
seyn seiner
selbst seines Wesens und seiner Bestimmung zum freyen besonnenen
Handeln
nach den Aussprüchen seiner
gelauterten besonnenen klaren ruhigen
Vernunft
erschaffen ist vom ersten Moment seiner [sc.: seines]
Ank Eintrittes
in die Welt, jedem
äußern Eindruck hingegeben damit es [sc: er]
sich zu jenem
Bewußtseyn zu diesen freyen Gebrauch der Vernunft
erhebe, aber
unsere Pflicht ist es, nächst den Eltern ganz be[-]
sonders die
Pflicht derer
ist es die
als Zeuge seine Aufnahme in
den
Bund der ihm [sc:ihn] zu jener [sc:jenem] Bewußtseyn u.
diesem Gebrauche leitet
[ihn] als
Menschen schon durch jenen <
ersten> Bund zu jenem Bewußtseyn zu
jenem Gebrauche <erheben / erhoben> ist es
als Mensch alles zu entfernen was auf dem
noch
schwachen Menschen in welcher Hinsicht
es auch sey
schädl[ich] u. nachtheilig wirke.
Denn jede dieser schädl[ichen]
u. nachtheiligen
Einwirkung[en] von welcher Art sie auch
sey
wird die Reinheit, wird die unendl[iche] Entwicklung
beschränken
wenn auch blos dadurch, daß der sich später mit
Bewußtseyn entwickelnde Mensch
Kräfte Aufopfern u. muß
frühere
schädl[iche] Eindrücke in sich unschädlich zu machen, hier[-]
für
Kräfte aufopfern muß die er zur fortschreitenden
Ausbildung
seiner selbst hatte [sc:hätte] anwenden können. Es ist
<ein>
unrichtiger <
> Schluß ich bin durch Kampf
dahin gelangt wo ich stehe
deßhalb kann man <nur> durch
Kampf zu
einem diesem Standpunkt ...
[kommen] /
[3]
Bewahren Nein! Bewahrend zu wirken ist
Pflicht.- Lassen
Es ist Pflicht
der Lebenden, die geläutertsten
Resultate
des geläutertsten Erkennen[s] unserer Zeit
überzutragen.
Erlauben Sie mir daß ich Sie zum Beweiß dessen was ich sagte zu
unserm früheren
Verhältniß zurück kehre - ich
hatte dort von
manchem die klare ruhige Ansicht noch nicht die
ich jetzt habe u.
<erst> mir durch zwey schmerzliche Er[fahrun]gen
weiß es der Himmel
erkauft
habe [u.] <durch den Kampf
errungen> habe, soll nun Ihr jüngster Bruder
d[ur]ch das
Fehlerhafte durch welches Sie durch meine Schuld durch einen
noch
weniger vollkommenen Standpunkt des Erkennens durch Kampf hindurch
gingen
(- u. welcher Mensch wer
vervollkommnet sich anders als nach d. Sieg)
soll nun ihr [sc.:
Ihr] Bruder da Sie gewiß
jetzt schon manches jenes Fehlverhalten besser mit mir besser
einsehen auch
hindurch gehen weil sie [sc.: Sie] hindurch gingen und doch
zu
dem Standpunkt des bessern Erkennens kommen zu [sc:an]
dem
Sie gegenwärtig stehen?- Nein diese dazu nöthige
Kraft
müssen Sie diesem zum weiter fortschreiten als Sie stehen
<gut> bewahren
denn der Zweck jedes der erziehend u
unterrichtend
wirkt in dem Verhältnisse in der Pflicht steht
erziehend u. unter[-]
richtend wirkend zu müssen muß
seyn:
daß der Zögl[ing] einst in Hinsicht des Erkennens
höher stehe als
ich ihn auf meine Schultern zu setzen [vermag,]
daß er weiter
sehe sich einen großen Gesichtskreis
bilde, denn nur dadurch
besteht wie ich schon sagte die Menschheit.-
Sagen Sie nicht
lieber Freund[:] mein l[ieber] Bruder [ist] noch
zu klein o!
schon frühe erhält der Mensch [E]indrücke
die sich oft durch das
ganze Leben bestimmend gut oder böse nach ihrer Art hindurch
ziehen[.] /
[4]
ihre [sc.: Ihre] eigene Erfahrung wird
ihnen [sc: Ihnen] dieses so wie jedem
Menschen
dieses sagen. Daß der Mensch aber noch früher
anfängt
als für äußere Eindrücke
sehr lebhaft empfängl[ich]
zu seyn daß [sc.: das] wird Ihnen ihr
[sc: Ihr] jetziges Verhältniß zu
ihrem [sc: Ihrem] Bruder u.
können Ihnen Ihre Eltern von Ihnen sämt[lich]
sagen. Vom Bruder
gilt gegen Bruder[.]
Also von früh an die Umgebung
bewahrend
Mienen - Charakter Ausdruck - Zorn -
Herzlo[-]
sigkeit. - Aufmerksamkeit der Kinder auf alles was sie
umgiebt
und Nachahmung desselben.- Eindruck des mimischen auf das
Kind. Liebe
weckt Liebe; Freundlichkeit Freundlichkeit;
Zurückstossung Zurückstossung
Allein die Wahrheit wirkt nicht
minder Tief, unser Gesichtsausdruck
sey daher stets wahr, d.h.
unserm reinen Denken und Empfinden angemessen[;]
Unsere
Freundlichkeit nicht blos auf unserm Gesichte sondern auch in
unserm
Innern. Das Kind schon sehr frühe empfindet das Wahre
unseres
mimischen Ausdrucks sehr. Aber nicht blos gegen das Kind
setzt muß Dein
Betragen wahr und
edel seyn, sondern gegen alles was u wer es <nur>
sey
sobald das Kind Zeuge deines Handeln[s] ist.
Aber nicht blos
so einzig bewahrend sondern auch dem sich immer
mehr in seinen
Richtungen äußernden Bildungstrieb, der Entwicklung
mußt du
folgen, und
dem Kinde zu geben suche
Dich so zu dem
locken lassen was das Kind auf der jedesmaligen
Entwicklungs[-]
stufe von Außen fordert u. ihm dieses geben.
Diese Aufmerk[-]
samkeit wird Dich tiefe Blicke in die Natur des
Menschl[ichen] Geistes
u. seiner Entwicklung thun lassen. Du
wirst sehen welche Kräfte
welche Sinne sich in dem Menschen zu
erst entwickeln, und daß /
[4R]
diese Entwickelung immer
von dem allgemeinsten
Ein von
dem
gesamtausdruck vom dem total Eindruck des G[an]zen anfängt
und so
immer von dem allgemeinsten zu dem allgemeinen und
endl[ich] zu dem
Speziellsten übergeht, so z.B. bemerkt also das
Kind immer
zuerst eher
das
G[an]ze als die Theile desselben.-
Sie werden gewiß theurer
Freund besonders nach nur kurzer An[-]
wendung des Gesagten
finden daß Sie in dem Sie für die Entwicklung ihrer
jüngeren
Geschwister wirken thätig sind
zugl[eich] und in g[an]z demselben Maße
für die Veredlung ihrer
[sc:Ihrer] selbst wirksam sind (so wirkt alles unser
Handeln was
mit Wahrheit von uns ausgeht auf uns zurück)
Also
Sie sehen, ihre So werden
Sie dem Entwicklungsgang ihres [sc:Ihres] jüngsten Bruders
folgen
von der Hoheit u. Würde Ihrer eigenen Natur tief
und lebendig
durchdrungen werden. Also in soferne als Ihrer
eigene[n]
Veredlung und Ausbildung Ihnen am Herzen liegt werden
sie [sc.:
Sie] gewiß das Gesagte zum Gegenstand Ihrer Aufmerksamkeit
machen
und als dann in demselben ein sicheres Mittel zur
Erreichung
Ihres Zieles finden. Ja theuerster Freund geben Sie
mir auch in
der Zukunft wenn auch entfernt und äußerlich getrennt
<wirkend> noch Gelegenheit fürSelbstveredelung für zu der Erreichung
d dieses Ihre[s] Ziel[es] mit zu
wirken zu dürfen
Erkenniß Ihrer Selbst
und des Wesens des Menschen - zur Erreich
Ehe ich für
mein Leben einen festen Punkte hatte von
dem aus ich ruhig wirken u thätig seyn konnte wagte nicht
durfte ich Sie nicht
Ihnen Sie zu
bitten uns vertrauensvoll vereinte, liebende, wahre, treue,
unzertrennt[e], ungetrennte wahre
aufrichtige, treue Freunde zu
bleiben zulassen; jetzt aber da ich jenen P[un]kt habe bitte ich Sie
darum und um Ihre Freundschaft[.]
Glauben Sie daß ich Ihnen in
irgend einem Fall durch meine Erfahrung durch mein Wissen Ihnen
dienstl[ich]
seyn kann, wenden Sie sich an mich,
und machen S Vielleicht ist mir es
m[ö]gl[ich] in den wissen[-]
schaftl[ichen]
Theil Vorbereitungen für Ihren
gewählten Beruf nützl[ich] zu seyn, so z.B. zunächst in Hinsicht
auf
Chemie u. das Eingreifen derselben in Ihr Fach - da mich
Agricul[-]
turchemie schon beschäftigte und in Zukunft bey
m[einem] Zweck noch beschäftigen wird[.]
[Text bricht ab]
b) Abschrift
(BlM)
[1]
Mein theurer lieber
Freund.
In Berlin geschrieben ohne Datum.
Endlich
ist sie herbei gekommen die längst ersehnte Zeit in der es mir
ver-
gönnt ist Ihren letzten mir so unaussprechlich lieben Brief
be-
antworten zu können; wo ich Ihnen sagen kann, wie lieb er
mir war und wo ich Sie bitten darf mir ferner Freund zu bleiben.
Konnte? und durfte? wer
verhinderte Sie daran? werden Sie fragen!
Ihnen mein theurer
Freund ist eine Lage fremd und wird
Ihnen, wie ich hoffen darf,
in Ihren Verhältnissen als Selbst-
erfahrung stets fremd bleiben,
wo der Mensch so ganz auf sich
selbst zurückgeführt ist, wo er
so einzig auf sich selbst ruht,
daß er jedes Mittel zu Erringung
eines festen Standpunktes
in der bürgerlichen Welt in sich
selbst suchen muß.
Wenn ich hier von einem festen Punkte
spreche, der die Quelle
zur Sicherung des Unterhaltes
einschließt, so verstehe ich unter
Unterhalt
des Menschen nicht allein Brot, denn dies
kann
man zur Noth leichteren Kaufes erhalten, sondern
hauptsäch-
lich dasjenige was zur Erhaltung, Ausbildung und
Steigerung der geistigen Natur in dem Menschen nöthig
ist,
was diese erfordert, und einen solchen Ort kann
es eigentlich in
Bezug auf eine Individualität nur einen
einzigen geben. Es lag
also die große Sorge auf
mir, diesen Ort zu finden und dann die
noch größere mich
an diesen Ort zu versetzen und endlich die
Verhältnisse auf-
zusuchen die jenen Unterhalt des zwei naturigen
Menschen
dem die niedere blos dienendes Gliede zur Erringung und
Ausbildung der höheren ist - nicht nur für die Gegen-
wart
sondern auch über das künftige Leben sich verbreitende
Quelle
desselben enthält.
Diese Sorge um die Sicherung das
Fortdauern des geistigen /
[2]
Lebens noch diesseits,
denn darauf kommt doch am Ende das Ganze
zurück, diese größte
Sorge war es, mein theurer Carl, die mich
verhinderte Ihren
lieben Brief zu beantworten. Der so
ganz auf sich selbst
zurückgeführte Mensch ist unfähig, die
in ihm liegende
Theilnahme an den frohen Begegnissen
Anderer durchs
Wort aus sich heraustreten zu lassen,
die Selbstsorge ohne bestimmte Richtung unterdrückt im
Menschen jede Thätigkeit eines höheren, reinern, freyeren
Lebens, und zwingt sich der Mensch es zu thun so trägt auch
das Herausgetretene den Charakter des Zwanges, der
Wider-
natürlichkeit. Das ruhige Bewußtsein eines festen
Punktes in der bürgerlichen Gesellschaft muß der Mensch
haben, wenn er ruhig und fest aus sich heraustreten soll.
Jetzt, da ich dieses Bewußtsein errungen habe, eile ich
Ihnen
meine Theilnahme an den frohen Begegnissen Ihres
Hauses und
meinen herzlichen Dank für Ihren lieben
Brief auszusprechen.
Nach dieser Darstellung meines
seit einem Jahre verlebten
inneren Lebens werden Sie mir mein Schweigen
verzeihen, ich
dachte viel Ihres Strebens und Ihres Lebens
Zweckes zu dessen
Erringung Sie immer mehr streben die Mittel
in sich zu
vereinigen.
Ueber meine hiesige Lage habe ich in dem Briefe
an Ihre
lieben Brüder geschrieben für Sie füge ich noch
folgendes
hinzu. Meine jetzige Stellung ist das wo nach ich dem
Gange
meiner individuellen Ausbildung nach immer strebte,
bis Ostern gewährt sie mir zwar ein sehr
geringes
Einkommen, doch dann wird dasselbe bei ausge-
breiteter
Wirksamkeit sich verdoppeln. Die Hauptsache
aber ist, daß sich
daran eine bestimmte Aussicht zur Anstellung
im Staate knüpft. -
Es gab jetzt schon einen Weg <wo> /
[3]
auf welchen
ich sogleich zu den vom Staate angestellten Lehrern
hätte kommen
können, dann hätte ich aber es mir gefallen
lassen müssen wohin
die Umstände mich versetzt hätten,
und da wäre ich
wahrscheinlich nach Ostpreußen oder Schlesien
gekommen. Bei
meinem Zweck muß ich aber wünschen Berlin
nicht bevor ich das
mir gesteckte Ziel erreicht habe
verlassen zu müssen, wozu noch
mehrere Jahre nöthig sind.
So viel Ihnen, dem theilnehmenden
Freunde von mir!
Ich schätze Sie glücklich wegen des
Verhältnisses in
welches Sie Ihre lieben Eltern zu Ihrem
jüngsten Bruder
stellen. Gewiß haben Sie sich dabei mit
freudigen Gefühl
Ihrer Kraft an die Pflichten und
Verbindlichkeiten erinnert,
die seit den ältesten Zeiten unsers
Glaubens sich an dieses Ver-
hältniß knüpfte[n], ja eigentlich
der Grund desselben war. Und
wie kann
es ein schöneres Verhältniß zu einem sich entfal-
tenden
Menschen, eine höhere Pflicht eine uns würdigere
Ver-
bindlichkeit gegen ein[en] zur vollendeten Ausbildung seiner
selbst
bestimmten sich entwickelnden Geiste geben, als
schützend,
abwehrend gegen alles das dazustehen was diesen sich
un-
sterblichen Wesen Hindernisse bei dieser Entwickelung in
den Weg legen könnte. Was ehrt den Mann und Jüng-
ling mehr
als schützend für die Schwachheit, für das
kindliche Unvermögen
dazustehen?- Der Mensch zum
vollendeten Bewußtsein seiner
selbst, seines Wesens und
seiner Bestimmung zum freien
besonnenen Handeln nach
den Aussprüchen seiner Vernunft
erschaffen ist vom
ersten Moment seines Eintrittes in die Welt,
jeden
äußern Eindruck hingegeben, damit er sich zu jenem
Be-
wußtsein, zu diesem freien Gebrauch der Vernunft /
erhebe, aber unsre Pflicht ist es nächst den Eltern ganz
besonders
die Pflicht derer die Zeuge seiner Aufnahme in den
Bund der ihn
zu jenem Bewußtsein zu diesem Gebrauche leitet.
Es ist Pflicht alles zu entfernen was dem schwachen Menschen
schädlich sein könnte, denn nachtheilige Einwirkungen von
welcher Art sie auch sei, wird die Reinheit, wird die unendliche
Entwicklung beschränken, wenn auch nur dadurch, daß der später
mit Bewußtsein sich entwickelnde Mensch [um] frühere schädliche
Eindrücke in sich unschädlich zu machen Kräfte aufwenden muß die er
zur
fortschreitenden Ausbildung seiner selbst hätte anwenden
können. Es ist [ein] unrichtiger Schluß: ich bin durch Kampf
dahin gelangt wo ich stehe, deshalb kann man nur durch
Kampf zu diesem Standpunkt kommen. Bewahrend zu wirken
ist
Pflicht. Erlauben Sie mir, daß ich zum Beweis dessen,
was ich
sagte, zu unserm früheren Verhältniß zurückkehre:
Ich hatte
damals von manchen die ruhige, klare Ansicht noch
nicht, die ich
jetzt habe und mir erst durch schmerzliche Erinnerungen
[sc.:
Erfahrungen] errungen habe. Soll nun Ihr jüngster Bruder durch das
Fehlerhafte, durch welches Sie durch meine Schuld, durch einen
noch weniger vollkommnen Standpunkt hindurch gehen mußten
jetzt wo Sie gewiß schon manches
jenes
Fehlerhaften
schon jetzt besser mit mir einsehen, auch hindurch
gehen,
weil Sie es tragen mußten und dennoch zum besseren
Erkennen
kamen in dem Sie gegenwärtig stehen?- Nein die dazu
nöthige Kraft müssen Sie diesen zum Weiterfortschreiten
aufbewahren. Denn der Zweck eines jeden, der erziehend
und
unterrichtend wirkt, muß sein: daß der Zögling einst in
Hinsicht
des Erkennens höher stehe, daß er weiter sehe
sich einen
größeren Gesichtskreis bilde, denn nur dadurch /
[5]
besteht die Menschheit.- Sagen Sie nicht, lieber Freund,
mein Bruder ist noch zu klein! o! schon früh erhält der
Mensch Eindrücke, die sich oft durch das ganze Leben bestimmend
gut oder böse hindurch ziehen. Es ist Pflicht der lebenden
die Resultate ihres Erkennes der neueren Zeit zu bieten.
Ihre eigne Erfahrung wie Ihre Eltern werden Ihnen sagen, daß der
Mensch schon
sehr früh anfängt für äußere Eindrücke empfänglich
zu sein.
Sie werden gewiß, theurer Freund, nach kurzer
Anwendung
des Gesagten finden, daß, indem Sie für die
Entwicklung
Ihrer jüngeren Geschwister thätig sind, zugleich und
in
demselben Maaße Ihrer eignen Veredlung leben und
so
wirkt unser Handeln was mit Wahrheit
von uns ausgeht auf uns
selbst zurück. So werden Sie
dem Entwicklungsgang Ihres jüngsten
Bruders folgend von
der Hoheit und Würde Ihrer eigenen Natur
tief und lebendig
durchdrungen werden. Also insofern als Ihre
eigne Vered-
lung Ihnen am Herzen liegt werden Sie gewiß das
Gesagte
zum Gegenstande Ihrer Aufmerksamkeit machen und dann in
demselben ein sicheres Mittel zur Erreichung Ihres Zieles
finden.