Am 18n 9br
1821
Edle deutsche Frau und
[Lücke]
Kandler unser gemeinschaftlicher u verknüpfende
Freund hat mir vor einigen Tagen geschrieben
wie auch Sie
von dem Gedanken deutscher
Volkserziehung welcher seit langem in
der
Tiefsten Tiefe meines Herzens u Gemüthes lebt
erfaßt
ergriffen worden sind besonders aber von
dem Gedanken eines
Vereines deutscher /
[155R]
Frauen u Jungfrauen für
dieselbe
ein Gedanke der mich jederzeit so oft ich
ihn
wieder denke und mein ganzes
Wesen so durch und ergreift, daß
ich
die Ausführung desselben mit allem was ich
bin habe mit
freudiger Hingabe meines ganzen
Wesens u Lebens herbey führen
möchte.
Ja edle deutsche Frau! es ist dieß ein
Gedanke
welcher [sich] seinem tiefen
Folgen
Bedeutung u Sinne, seinen großen
segensreichen unendlichen
Folgen nach gar
nicht ausdenken läßt und so oft
er auch,
seit er in einer gesegneten
Stunde meinem Gemüthe entstieg
ist schon mein ganzes Wesen zu
seinem
Eigenthum gemacht hat, so habe ich
ihn doch in
seiner Allseitigkeit und seinem
Leben, seiner Liebe u seinem
Wirken /
[156]
nach noch nicht durch[-] und ausdenken
können. Aber es ist mir leider mit
diesem Gedanken und
dessen Mittheilung
gegangen wie dem Säämann im Evan-
gelio
so oft ich ihn auch schon zur
Aufforderung zur Theilnahme für
die Ausforderung [sc.: Ausführung] aussprach, so traf
das
Wort bald auf Stein, bald
in Dornen, bald auf Wege, und
dieß hätte mich wohl muthlos machen
sollen, aber ich bin
auch hier meiner
durch mein ganzes hindurch zu meinem
Heil
u Frommen gefolgten Überzeugung
nachgegangen daß jeder guter und
ächter. Wahrer Gedanke nicht unser
Eigenthum ist mit
welchen wir schalten
u walten können wie wir wollen, /
[156R]
sondern nur ein theuer anver-
trautes Gut, von dessen
Verwal-
tung wir einst strenge Rechenschaft ge-
ben müssen –
nachgegangen, und
so bin ich dem immer von neuem
der
Mahnung meines Innern gefolgt
(und habe) immer von neuem die
Über[-]
zeugung meines
Herzens
Geistes und das Sehnen
meines Gemüthes ausgesprochen, so
oft sich mir Aufforderung darzu zeigte
und so scheint es
als habe dieser Mittheilung
als ich sie dem stillen u frommen
Ge-
müthe unseres gemeinschaftlichen Freundes
Kandler anvertraute, die
segensreichste
Stunde geschlagen, denn nach den
Mittheilungen meines
Freund
unseres Freundes
hat jener Gedanke auch in ihnen [sc.: Ihnen]
edle
deutsche Frau u in dem Gemüthe der /
[157]
der
deutschen Frau u Jungfrau ihren
Töchtern die weiblichen Gemüther
die hohen Frauen den
ächten
deutschen Frauen Sinn gefunden
welche ich ihm seit lange
vergeblich
gewünscht u gesucht habe, und diese
Mittheilungen meines Freundes sind
es be-
sonders der Grund daß diese
Zeilen
bey Ihnen das [sc.: daß] ich persönlich schriftlich
bey Ihnen erscheine möge
zer der
Freund und der Gedanke selbst mich bey Ihnen
vertreten wenn
ich Ihnen zu kühn erscheine
aber edle
deutsche Frau ich habe nun
einmal gewisse Ansichten
Überzeugungen
von dem Innern Leben dessen Wirken und
Wechsel
gegenseitigen Verhältnisse von diesen
ich mich nur <->
würde trennen können
wenn ich mich von meinem Wesen
selbst
trennen könnte dahin gehört auch die /
[157R]
feste Überzeugung daß wahres und ächtes
dauerndes,
fruchtbares sich gegenseitiges
Verstehen auch nicht nach u nach,
sondern
wenn sie sich wahrhaft verstehen sollen u können
das Verständniß augenblicklich u im Nu
kommt. Doch genug
von mir u fast mögte
ich Sie wegen des vielen um Verzeihung
bitten
wenn nicht auch zur Würdigung allgemeiner
Gedanken
die Kenntniß [des Persönlichen gehörte.]
Nun zu dem Zwecke
dieses Briefes. Daß
Ihnen der Gedanke eines Vereins deutscher
Frauen für deutsche VolksErziehung und dessen Ausführung
erscheint
mir über alles wichtig spricht und die Noth
wirkliche Nothwendigkeit ja das Begründet[-]
seyn desselben,
als ein ganz nothwendiges
spricht sich mir als ein ganz
nothwendiges
Gbegründetes Glied
in der Entwicklung
des Menschengeschlechtes und namentl[ich] /
[158]
unseres deutschen Volkes aus
und wo ich jetzt
nachdem mir dieser
Gedanke gekommen ist nun hin blicke
prüfend hinblicke wo sich mir nur ächtes Leben
Sinn für
ächtes Leben und Hoffnung
einstigen ächten u besonders deutschen
Lebens ausspricht da tritt mir
auch wie ein Cherub
leuchtend der
Gedanke entgegen:
[Bis Seitenende vollständig gestrichen]
Aus
Anerkenntniß u Würdigung des
ächten u tiefen Frauengemüthes u
Frauen[-]
sinnes besonders aus dem ächten u
tiefen deutschen Frauengemüthe
dem
tiefen Gemüthe deutscher Frauen
Nur aus dieser Anerkenntniß wird
nicht nur dem Deutschen nein wird
dem ganzen
Menschengeschlechte jetzt /
[158R]
und in alle Zukunft
Heil u Segen
kommen, so wie aus der Nichtanerkenntniß pp.
was aber
anerkannt u
anerkannt seyn soll u will für dessen
Anerkenntniß muß
gewirkt ge-
wirkt werden, es muß selbst für seine
Anerkenntniß wirken dieß Gleich[-]
nisse vom Licht unter
dem Scheffel,
vom vergrabenen Pfunde und vom taub gewordenen
Salze lehren
uns dieß
und es ist jetzt an der Zeit daß dieß
daß die Macht u die
historische
leben[-]
gebende Wirksamkeit des weiblichen Ge-
müthes
anerkannt werden soll[.]
Dieß tritt uns d[urc]h die
Erscheinungen der Zeit in Schriften
und
Handlungsthaten sattsam entgegen,
daß es mir unnöthg scheint <Bestätigungen> dafür
aufzustellen
ob es sich gleich <unverhältnißmäßig>
nachweisen läßt [.]
[Die
folgenden Zeilen 158R und 159V sind vollständig
gestrichen]
So heißt es in einem vielgelesenen Buche
die
Geschichte des sittl[ichen] Lebens füllt wenige
Blätter
aber diese gehört vor allem den
Frauen der Heerd des
häusl[ichen] Glückes
ist der Hort des Vaterlandes. Sein /
[159]
heiliges Feuer bewahren die Herzen
der Frauen
u Jungfrauen. Und wo sie
immer ihren heiligen Beruf die
Herstellung
der Volkssitte d[urc]h häusliche Tugend
erkannten u übten, da lebte auch Volks[-]
ehre wieder auf,
So wirkte auch in
unsern Zeiten das Meiste im Verborgenen
der vaterländische Sinn der Frauen
und ganze Schriften
handeln von dem Ein[-]
flusse der Frauen in der <
SGeschichte>.
Herder der Seher sprach zu
den Frauen – sinnt, er-
zieht ihr könnt es allein
die glückl[iche] Nachwelt.
Aber abgesehen von Alle diesem
scheint mir
die Nothwendigkeit eines Verein[es] besonders
deutscher Frauen für
deutsche Volkserziehung noch bey weitem
tiefer
zu liegen ja denn nach meiner festen Überzeugung
geht ist das Meiste Unheil was
uns getroffen
hat u noch jetzt trifft aus den Nicht[tr]auen bey
/
[159R]
und daher NichtAchtung und deßhalb auch nicht
Aus-
bildung des weibl[ichen] Gemüthes u Sinnes
<->
besonders des Frauensinnes u Gemüthes
hervorgegangen doch
erlassen pp., soll daher an etwas
bleibend Gutes gedacht für
etwas bleibend
Gutes gearbeitet werden, so muß für
die
Anerkenntniß des weibl[ichen] Gemüthes
gearbeitet, das männliche
Herz, der
männl[iche] Theil des Menschengeschlechtes
dafür
erzogen werden, ja lassen Sie es nur
mir [sc.: mich] offen
gestehen wie ganz anders würde
es in ganzen häuslichen Kreise,
wie ganz
anders mit der Erziehung im allgemein[en]
u wie
g[an]z anders mit dem Bestehen
g[an]zer dem Heil u dem Frieden
g[an]zer Familien ja des
g[an]zen Volkes stehen wäre und würde
das
weibl[iche] Gemüth u Frauen Sinn u Gemüth /
[160]
allgemein seinem Wesen u Leben u Bedeu[-]
tung nach auch
erkannt u wirksam
sich aber selbst anerkannt zu machen
für
seine Selbstanerkenntniß mit
Hingabe seiner selbst zu wirken
daß [sc.: das] ist
seine nach
der Quelle unserer
Religiösen Begriffe und unserer
Menschen[-]
geschichte ihre Pflicht, Maria schon lößte [sc.:
löste]
einen Theil der auf ihrem Geschlechte ruhenden
Pflicht durch die demüthige Aufnahme
des göttlichen Grußes,
doch dieß ist nur
eine Seite der Betrachtung andere sind noch
übrig[.]
Erlassen Sie mir jetzt edle Fr: das
historische
Begründetseyn jenes Gedankens
u dessen historische Wichtigkeit
nach zu weisen
er drückt sich lebendig u tief genug im Gemüth
selbst aus
lassen Sie uns lieber daran denken u davon
<reden> wie er am sichersten, begründetsten und doch
schnellsten ins Werk
zu setzen ist, lassen Sie uns dann wenn die
That zu der uns so laut die reine Stimme /
[160R]
unseres Innern auffordert geschehen ist,
lassen Sie
dann uns freuen wenn wir
sehen u erk[enne]n wie tief menschlich,
wie welthistorisch u wie deutsch Volks[-]
thümlich wie in
der Zeit nothwendig
sie war u begründet ist – genug
wir
sehen nur zu lebendig <-> u klar pp.
Seyn Sie thätig
dafür so viel sie [sc.: Sie] nur
können und in welchem Umfang
sie [sc.: Sie] nur können
ist der Verein in sich im Stillen fest
begründet u es bedürfte dann einer
Sch fürstl[ichen] Schutzfrau so wird sich
diese dann wenn sie nötig ist gewiß
auch
unter an einer ächt deutschen u
deutsch
gesinnden [sc.: gesinnten] Fürstin finden.
Ich
glaube nicht nöthig zu haben Ihnen
edle deutsche Frau erst die
Nothwendig[-]
keit u Wirksamkeit solcher Vereine /
[161]
darlegen zu können müssen (die Gründe so wie
die Folgen
sind kaum aufzuzählen) beyde
scheinen
sich mir so lebendig entgegen zu
dreten [sc.: treten] sobald man nur den Gedanken faßt
daß
es gar keiner weitern Aus-
führung u Darstellung bedarf aber
noth-
wendig scheind [sc.: scheint] es mir den eigentlichen
nächsten Zweck u die Mittel zur
Er-
reichung desselben sich klar auszusprechen.
Seit den
vielen Jahren daß ich Erzieher bin
u besonders seit der Stiftung
unserer Erziehungs[-]
Anstalt habe ich gefunden daß sich bey
denen
das Meiste ächte ErziehungsInteresse Interesse für ächte
VolksErziehung zeigt wo
die
verhältniß[mäßig]
nur wenig
ste
Mittel dazu [sich] finden
bey dem mittleren Bürger u dem Beamten
von
geringem u mittleren Gehalt diese beyden
nun, fähige
Knaben aus diesen beyden Ständen
nun in ihrem Wunsch u streben
zu unter-
stützen müßte meines Erachtens die erste /
[161R]
Rücksicht des Vereins seyn, die
Zwecke des Vereins
sogl selbst wären
1. 2. 3. pp
pp
Ja edle Frau lassen sie [sc.: Sie] uns lassen sie [sc.:
Sie]
mich nicht b[lo]s aufrichtig nein lassen sie [Sie] uns
u mich sogar g[an]z offenherzig seyn lassen sie [Sie] uns
den Sinn der Masse ja mehr als der Masse
denn das Gift ist
fein u liegt tief u wirkt
unscheinbar, lassen sie [Sie] uns die
allgemeinste
Überzeugung beschauen, daß von dem
Frauensinn,
Frauenempfindung, Frauen[-]
gemüth dem Menschen besonders der
bürger[-]
lichen Gesellschaft des Menschen, dem <wagensten>
höhern
Leben des Menschen Grenze u Leugnung
gesetzt ja wohl
gar Trübung gegeben werden[.]
Lassen Sie uns klar für unser
und
alle künftigen Geschlechter ja für
die g[an]ze
Menschheit darthun, das [sc.: daß] alle[s]
das was wir dem
weiblichen Gemüth /
[162]
zur Last legen, die Früchte
unserer
eigenen, - der Männer verkrüppelung
am weibl[ichen]
Gemüthe sind – zeigen
sie [Sie] die größte aller Handlungen
wirken sie [Sie] wohlthätig {vergebend erziehend
wirken sie
[Sie] für die Er-
ziehung – wirken sie [Sie] mit Hingabe u mit
Aufforderung für die Erziehung des Geschlechtes
von welchem
von jeher namenloses
Elend ihrem [sc.: Ihrem] Geschlecht u von
welchem
es höchstens sobald der einfache Natur[-]
zustand
verlassen wurde es als ein
niedliches u reizendes Spielwerk
beachtet
wurde – wirken sie wirken Sie in
Verein für die
Erziehung dieses Geschlechtes
damit Ihre
UEnkel[-] u Ururenkeltöchter
einst hochgeacht[et]e Gat[tinnen] u Mütter
und wieder
geehrte wie bey den alten Deutschen
geehrte deutsche Frauen wieder <werden> u ihrer
Enkel u
Urenkel Söhne einst wahre
u würdige Männer wieder würdige
deutsche Männer werden /
[162R]
welche wieder wie
die alten Teutschen tugend[-]
hafte Frauen sehr hochachten, ja
sich
überzeugen das [sc.: daß] ihnen etwas hohes u heiliges
ja ahnungsvolles eingegeben ist.
Lassen Sie sich von der
Kleinheit u Unbe[-]
deutendheit von welcher sich dieser Gedanke
Ihnen
Aus spricht nicht von dessen Würdigung zurück
scheuchen, das größte Hohe Große u Gute ist nie vom
Großen
u der Menge ausgegangen immer von
der Einzelnheit u vom Kleinen.