Ruhig und still ist es um
mich her, alles im Hause
hat sich zu wirthschaftlichem Geschäfte
in einen andern Theil des Hauses zurück
gezogen ich bin
allein, nur die zeitmessende
Uhr sagt mir durch ihre leisen aus
der Stille
hervorhallenden Schläge, daß indem ich still
sinnend und denkend sitze, leise und still
die Zeit des
Lebens verfließt; auf der Stra-
ße braust das Getreibe des Tages
wie das
vom Winde bald näher herbey bald ferner
hin
getriebene Braußen eines Wasserfalles[.]
Was ist unter solchen
Umständen in einem solchen
Augenblick natürlicher als die Frage:
was
sind die Triebfedern, was sind die Ziele und Zwek-
ke
des Treibens der Menschen?- Sieht man
die äußern Früchte dieses
Treibens äußerlich an
sieht man sie an mit einem arglosen nur
das Beste
suchenden und erwartenden Kindesblick, so glaubt
man, Streben, reines Streben nach Darstellung
des Besten
und Höchsten müßte die Triebfeder
die Darstellung und
Verwirklichung dieses Höch-
sten und Besten müßte nothwendig nur
der Zweck und das Ziel dieses /
[1R]
Treibens seyn; aber
wie ganz anders ist es
wenn das innere häusliche, innere
Familien-,
das innere bürgerliche Leben sich uns öffnet
wie
schwinden da nicht nur die mit Kindessinn,
Kindesarglosigkeit
und Kindesglauben geahne-
ten und erwarteten höheren Triebfedern,
Ziele
und Zwecke, sondern wie tritt sogar an die
Stelle
dieser eine niedrige und häßliche Persön[-]
lichkeit und
Selbstsucht ein Genußtrieb und
eine Genußsucht deren höchstes
Ziel nur in
dem Augenblick des Genießens selbst liegt
ohne
alle Frucht für Geist und Herz und so ohne
alle bleibende
Frucht; der arglose Mensch hat
hier für alles dieß gar keine
Anschauung keine Be-
griffe, denn wenn man auch alles mit dem
richtigen Worte bezeichnen wollte, so würde
sein
unverdorbener Kindessinn ihn in allem
höheres besseres hoffen,
schauen und sehen lassen;
so nur eins
z als kleine Andeutung zum Verständniß,
die sorglichste Pflege der Zierdegewächse begeg[-]
net einem
hier überall, und leicht und mit
der Menge wandelt man zwischen
dem
schönsten und duftendsten Blumenflor,
aber sind dort
die Gewächse der Zweck ist hier /
[2]
der Zweck Gott und
den Schöpfer in der Mannig-
faltigkeit und Schönheit seiner
Werke, seiner Pflanzen
und Blumenformen und Farben zu ahnen, zu
er-
kennen und in dem Gott der Gewächse und
Blumen auch
unsern Gott zu sehen, nein!
von alle diesem nichts, die Pflege
dieser Ge-
wächse und Blumen die Lust daran hat keinen
andern Zweck als nur dadurch um so eindrucks[-]
voller sich
selbst, seine Person zur Schau
und ich möchte fast sagen zum
Kauf zu tragen.
So ist überall der mit dem Augenblick
kommen-
de und mit dem Augenblick schwindende Vor-
theil,
Trieb und Ziel dieses Menschengetreibes
das wie ein Strom durch
die Straßen braußt
nur das Heute endlicher vergänglicher
Körperlich[-]
keit nicht das unendliche Morgen des ewigen
Geistigen
im Menschen, und so, um bey dem gebrauchten
Bilde
stehen zu bleiben verliehren Pflanzen und
Blumen ihre Bedeutung,
ihr Leben und werden nur
todte Formen und Massen. Aber auch wir
in unserm stillen Thal und kleinen Dorfe
wirken und streben, ja
unser Wirken und Stre-
ben steht sogar mit diesem Getreibe in
Verbindung,
wir pflegen, erziehen, lehren; wir pflegen erziehen
und lehren die Kinder solcher Eltern <die> diesem
Ge-
treibe selbst angehören, wir erziehen solche Kinder /
[2R]
die in diesem Getreibe und durch dasselbe
ge-
trieben aufwuchsen und wiederkehrend in
dasselbe
zurückkehren, ja wir erziehen
uns, jeder sich selbst für die
Welt und als
Glied der Welt: was ist denn nun der
Grund,
das Ziel und der Geist unseres
Wirkens und Strebens, dieß ist
die natür[-]
lichste und einfachste Frage die sich weiter
sogleich aufdrängt und - um der Beantwortung
dieser Frage
näher zu kommen drängt sich weiter
die Frage hervor: Hat unser
Wirken und
Streben einen andern Anfangspunkt eine andere Quelle
als das Treiben dieser Menschen?-
Wir kommen bey beyden auf die
Vorstellungen
der Menschen, auf ihre Gesinnungen, auf ihr
Inneres, ihr Herz zurück. Also Ein Anfangs[-]
punkt, Eine
Quelle bey so verschiedenen
Triebfedern und Zweck; denn das
bezeichnete
Ziel ist und kann doch gewiß das unsere nicht
seyn, worinne liegt hierzu der Grund?- Es
muß wichtig, sehr
wichtig für uns seyn uns
diese Frage klar zu beantworten, denn
wenn
aus eines Mensch[en] Herze, aus eines Menschen
Innerem
Vergängliches und Unvergängliches, Irdisch[es]
und Himmlisches,
Lebendiges und Todtes kommen kann /
[3]
so muß es für den
Menschen wichtig seyn, zu
wissen wie er das letztere vermeide.
Wohl
kommt beydes aus dem Herze, dem Innern, den
Gesinnungen des Menschen aber Gesinnungen Inneres
und Herz
sind verschieden; Hier wohnt im
Herze nur Endliches und
Sichtbares; dort
Unendliches und Unsichtbares; Hier eine
alles zerstückende Überzeugung
und Gewißheit alles
jetzt schon zu wissen und zu verstehen, dort
der einende
und Lebendige Glaube und Hoffnung bey
Ausdau[-]
er und Treue den jetzt im Gemüthe ahnenden
Zusammenhang und Einheit des Ganzen immer-
mehr einzusehen
zu erkennen und zu durchschauen;
hier ruht in dem Innern und
Herzen des Menschen
sein sich, von sich selbst gemachtes Bild,
welches er
außer sich auszuprägen strebt; dort lebt in
dem
Gemüthe, der Seele des Menschen die noch
unvollende[te] Gestalt
das noch unvollendete Bild
der Menschheit, das Bild der
Gottheit, welches
darum das Bild
Gottes im
Menschen
ist, weil
es immer edler, reiner, heiliger aus dem edleren
reineren heiligeren Gemüthe des Menschen ent-
steigt; diesem
ist die Natur nur um seinet willen
jenen ist sie um Gotteswillen
da;
j diesem ist
die Welt nur
sein Knecht seine Magd, jenem ist
sie Gottes Bothin und
Dienerin; dieser sucht in /
[3R]
der Natur nur sich und
verliehrt sich, jener sucht <ihn> Gott und findet
sich;
diesem ist die Natur eine todte höchstens
mannichfaltig
abwechselnde Masse jenem
ein lebendiges Wort. So siehst Du
Emilie
wie alles Wohl und Wehe des Menschen
vom ersten sich
Finden, vom ersten Blick in sich,
vom ersten Blick außer sich
abhängt
wer sich in sich, in seinem Gemüthe endlich
körperlich fühlt und findet, wird auch den
Ausdruck, das
Wesen alles ihn umgebenden
nur endlich und körperlich finden; -
wer
sich in sich, in seinem Gemüthe leer und todt
findet
wird auch das ihn in der Natur
umgebende leer und todt finden
und fühlen[.]
Nun siehst Du Emilie was wir zu thun, zu
vermeiden, zu
bele beleben
haben. Klar
tritt es uns dadurch entgegen was der
Grund,
das Ziel und der Zweck unseres
Wirkens und Streben[s] ist und
wie unser
Wirken und Streben sich zu dem Treiben
der Welt
verhält wenigstens verhalten
soll und was von uns geschehen muß
um nicht
in gleiche Leere zu fallen.- Warum ich
dieß Dir
sage und nicht vielmehr meinen
Gehülfen und Mitarbeitern am
Erziehungsge[-] /
[4]
schäfte und vielleicht in einer
Sprache die mehr
diesen angemessen, dieß sagst
Du vielleicht
Du oder andere,
oder eben auch darum [sc.: um] so
mehr
als ich wohl alles in Dir vorau[s]setzen könne
und
gewiß in mir voraussetze.