Heut Morgen drängten die Gäste zur
Abreise, dazu kam unerwarteter
Besuch, dreymal mußte ich aus
einem Zimmer in das andere flüchten,
so erhielt der schon an Dich
eingeschlossene Brief den Ausdruck der
Störung welchen er an sich
trägt. Früher im Leben hätte mich wohl dieses
mehr als trüben
können, jetzt bin ich darüber ruhig, denn ich weiß
jetzt, daß das
unvollkommen Dargestellte doch keine Macht hat über /
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das klar Empfundene, wenn so vom Fremdartigen das Getrübte
der Dar-
stellung kam.
Ich fahre nun fort wo ich heut am
Morgen stehen blieb. – Der
Anblick des Kometen hatte mich sehr
glücklich gemacht, wenn auch mein
Herz sogleich mit Sehnen
erfüllt. Ich hatte ihn nicht so groß erwartet,
doch erschien er
mir ganz als ein alter Bekannter, und ich erblickte
ihn so
ruhigen Auges ins leuchtende Auge als habe ich ihn schon
mehrmals
gesehen. Dadurch daß ich ihn, wie ich Dir heut früh
andeutete, durch des
Lebens Störung getrennt von Dir sahe - wovon
ich das Gegentheil ge-
wünscht hatte - that er mir das Ganze des
Lebens, des Lebens Einigung
in reiner Klarheit und für eine Stufe
kund, von welcher und für welche
ich es garnicht geahnet hatte
und, wie mich so Lebensklarheit im Innern
erfüllte, so umfloß
mich auch Lebensklarheit im Aeußern; denn er
lehrte mich des
Lebens Natureinheit finden und festhalten, welche ich so
oft
schon ersehnt und erstrebt hatte und welche mir ebenso oft
durch
störende Lebensäußerung entrückt worden war. In hoher
Klarheit und
tiefer Lebenswahrheit stand mir alles da was ich Dir
jüngst ausgesprochen
hatte und besonders Dein so allseitig
vermittelndes und einendes Leben
und Wirken welches ich Dir noch
am letzteren Abend andeutete. Sage
wie konnte der Komet im
schöneren Einklang stehen als er stand da wir
ihn gewiß gemeinsam
wenn auch getrennt sahen, zwischen der
Krone,
der
Lyra
und dem
Schwane (rc) (Du kennst ja
Herders herrliches Ge-
dicht
an die Krone: Ariadne die Befreierin, siehe so sahe ich auch
Dein
und unser Leben in hohem Lebenseinklang. Und nun siehe!
gestern und
heute ist der Himmel wieder so trübe, daß hier nichts
von ihm zu er-
blicken ist, damit er aber um so heller und
herrlicher sein Wesen im
Innern kund thue. )
Sehr müde bin
ich von des Tages Drängen und Treiben, ( es ist nahe
12 Uhr
Nachts) daß ich Dir nur sehr unvollkommen andeuten konnte
was Dir
mein Gemüth so gern aus dem innersten Leben mitgetheilt hätte.
Es
wird ja wohl noch einmal aus demselben in frischen duftigen
Blumen
aufblühen.
Jetzt schläfst Du wohl und sanft; ich
freue mich, Gott segne und
schütze dich.