Du
wirst Dich wohl wundern wie ich mich mit eini[-]
gen Zeilen an
Dich liebe Emilie wende und nicht
wie gewöhnlich an unsere
hausmütterliche Al-
bertine oder unmittelbar an Deinen Mann; der
Grund davon ist Deine töchterliche Sorgfalt für
Deine Base,
Du wolltest ihr nemlich für morgen
Mittags gern eine Mühe
ersparen, indem Du
mir vorstelltest die uns besuchen wollenden
Zög[-]
linge könnten ja erst bey Euch zu Mittag essen;
und
ich mußt[e] Deiner pflegende[n] Vorsorge dan-
kend beypflichten.
Doch als ich zurück kam und
meiner Frau meine Bestimmung
aussprach
mußte ich mich überzeugen, daß sie sich nicht
nur
im Äußern sondern ganz besonders
in ihrem
Gemüthe für morgen Mittag auf eine
Tischge-
nossenschaft aus ihrem ihr so lieben Keilhau
vor[-]
bereitet hatte und daß ihr die Erfüllung einer schönen
Hoffnung und freudigen Erwartung genommen würde
wenn sie
morgen Mittags einge der größeren
Zöglinge nicht bewirthen
könnte; ja sie sprach es
mir selbst aus daß es ihr leid thue; da
sich nun
der Mensch von freudigen Gemüthserwartungen
nur
schwer trennt, so sann ich gleich auf Mittel
ihr die ihrigen zu
erfüllen,
was die sich mir auch
sogleich
durch eine kleine Sendung von
Gottlob Langethal zeigte.
Ich bitte Dich also liebe Emilie es noch /
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durch
Deinen lieben Mann zu vermitteln daß
Verzeih mein langes müdes Geschreibe.