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Ew. Wohlgeboren haben mich auf die
freundliche Veranlassung unseres Herrn
von Leonhardi unterm 18
en Septbr
vor: Jahres mit einer gütigen Zuschrift und sehr erfreulichen
Zusendung beehrt. Leider kam mir solche erst in den ersten Monaten
dieses Jahres durch die sich etwas verspätete Buchhändler Gelegenheit
in Dresden zur Hand und gerad in der Zeit als ich mit ei[n]igen
meiner Freunde daselbst ganz in Anspruch genommen war um die sich mir
als wahr und zweckmäßig entgegen drängenden Mittel und Weisen den
sich so frühe äußernden Trieb der Kinder sich zu beschäftigen auf das
genügendste pflegend entgegenzukommen mehrfach und auf verschiedenen
W[e]gen der öffentlichen Prüfung vorzulegen. An die Fortsetzung
meiner schriftlichen Darstellungen der Sache war unter diesen
Umständen nicht weiter zu denken, die aber auch so lang unnütz schien
bis sich öffentlich durch die Ergebnisse der Aus[-] u Vorführ[unge]n
selbst u so als Thatsache nicht nur etwa blos die Angemessenheit der
neu aufgestellten Kinderbeschäftigungsmittel u Wege als vielmehr
deren tiefe Gegründetheit in der Kindernatur, in dem Kinderleben u
Verhältnissen sich klar beurkundet habe. In soweit die Sache in
Dresden angebahnt habend daß sie zunächst we[ni]gstens versuchsweise
von
mehren einig[e]n Familienkreisen
u [-]vereine durch einen meiner Freunde u Mitarbeiter am
der unsere[r] Erz[iehungsanstalt]
Keilhau mit dem 2
n mei[n]er Fre[un]de HE[rrn] M.
festgehalten wurde, gieng ich im einen Monat Febr von Dresden nach
Leip[z]ig um auch dort die Sache weitern Kreisen von Erziehern
Lehrern und Eltern zur Prüfung vorzuführen, so
hatte ich <wurde die>
unausgesetzte
prakti ausführende
Wirksamkeit der Sache in Leipzig als ein Gegenst[an]d vielseitiger
Theilnahme angebahnt als mich der schon bey meiner Abreise leidende
nun aber hoff[nun]gslos verschlimmerte Krankheitszust[an]d meiner
Frau
sch eiligst nach Hause rief. Nur
die sorglichste persönliche Pflege u Theilnahme konnte nun noch
einige Wochen ein Leben erhalten mit des[sen] Scheiden mir wirkl die
Hälfte meines langen Lebens starb. Dazu kam daß vor diesem harten
Schlag uns auch der Tod die töchterliche Gehülfin meiner Fr[au] in
unserm Hause <wohl> ganz unerwartet entrissen hatte. So stand
ich mehrseitig g[an]z allein u es kostete Monate ehe sich mein Gemüth
so erholen konnte, daß es wieder kräftig freythätig und wahrhaft
fördernd [für] mein[en] Beruf
erz
arbeiten konnte. Doch die Lebensverhältnisse kamen mir dazu helfend
entgegen indem ich die von mir in öffentl. Bl. gerad für diese Zeit
angekündigte Bild[un]gsanstalt
für Bildung
<freyer> zu Erziehern der frühen Kindheit besonders bis
zum schulfähigen Alter u die damit unzertrennl. in Verbindung
steh[ende]n Kleinkinderbeschäftigungsanstalt hier eröffnen mußte.
Allein dieß nahm nun wieder wegen des g[an]z Neuen was darzustellen
war meine Thätigkeit so in Anspruch daß seit den 5 ersten Nummern des
2
n B[an]des des S. Bl. keine Fortsetzung bis
jetzt weiter erscheinen konnte. Ich
theile erlaubte [sc.: erlaube] mir dieß
Ihrer [ei]ngehenden Theilnahme an mein[em] Wirken so ausführl
mitzutheilen damit Sie nicht glauben die Sache sey d[urc]h
Laufend[es] rc bisher <so> ins Stocken gekommen.- Nun aber
zeigt sich mir eine neue frohe Zeit und ich hoffe wie d[urc]h die
That u den <
bish erfolg> -
welche sich nun Anerkenntniß verschafft hat wie d[ur]chs Wort,
d[ur]ch die Presse für die Sache der K[in]dheit /
[2R]
der Menschheit in der Kindheit von neuem wiederkehrend zu
wirken. Zu diesem Zwecke bin ich so frey Ew Wohlgeb.
durch den Überbr[i]nger gehorsamst zu
bitten: im Fall wiederum ein neuer Jahresbericht [{]von dem / über
Ihren[}] verehrl Frauenverein erschienen sey mir solchen gütigst
durch den Überbringer dieses zukommen zu lassen um mit Ihrer u dessen
Erlaubniß [{]bei / an[}] seiner Schriftsendung daraus im Sonntagsbl.
ein Wort über die hohe Bedeutsamkeit der Frauenverein[e] besonders
als Pflegeanstalten der Kindheit anzuknüpfen[.]
Herr
Barop Führer u Dirigend unserer
Erziehungsanstalt zu Keilhau, welcher auf seiner Rundreise aus seiner
Heymath (der Grafschaft Mark) nach dem Ort seiner Wirksamkeit
Keilhau seinen Weg über Marburg nehmen
wird, wird und welcher so zu gl[eich]
der gefällige Überbringer dieser Zeilen seyn wird, wird Ew Wohlgeb
wie ich wünsche ungeschwächte Theilnahme an meinen besonders jüngsten
Erziehenden Unternehmen über den Fortg[ang] derselben zwar alle die
von Ihnen gewünschten Mittheilungen machen.
Um Als jedoch bestimmt[en]
Anknüpfungspunkt dazu erlaube ich mir Ihnen abschriftl. ein Paar
Blätter mitzutheilen welche eben vor mir liegen, woraus hervorgeht
daß nicht nur die Sache in Dresden ihren guten Fortgang sondern auch
in Frkfurt a/m einen kräftigen Beginn genommen hat. Was aber den
Fortgang und den gegenwärtigen Stand der hiesigen jungen Anstalt
betrifft wird er Ihnen mit Ihrer gütigen Erlaubniß gern dasjenige
Ihnen mittheilen was er als Thatsache Ihnen darüber
mitzutheilen vorzulegen im Stande ist
wenn Ihnen solches nicht vielleicht schon aus irgend einer der
Zeitschriften worinn der Gegenstand d[ur]ch Erzieher u Kinderfreunde
zur öffentlichen Mittheilung gel[an]gt ist z.B.
aus der allgemei[nen] (Darmstädter
Schulzeitung) aus No 90 276 rc aus dem musikalischen Anzeiger, aus
dem Möchte Ihnen und dann d[ur]ch Ihre gütige Mitth[eilung]
Ihrem verehrlichen Frau[en]verein die Überzeugung komm[en] daß die
Sache der Kindheit, der Menschheit in der Kindheit - freudig u frisch
Wurzel zu schlagen ja schon sogar Sprosse zu tr[e]iben beginnt.
Herr
v. Leonhardi schreibt
nun schon unterm 8 7br v. J. daß d[ur]ch Ew: Wohlg. Vermittel[un]g es
vielleicht mögl wäre die <Reg[ierung]> oder die
<Geme[i]nde> zu bestimmen junge absolvirte Seminaristen auf
einige Zeit zu Bildlingen für KlinderErziehung
[sc.: Kleinkindererziehung] u Beschä[f]t[i]g[ung] hieher nach
Blanken[burg] in die dafür errichtete
Erzieh[un]gs Anstalt zu schicken, sollte
sich der Ausfüh[run]g dieses Gedankens Leonhardi[s] vielleicht etwas
thun lassen, so bitte ich Sie gehorsamst an Her[r]n
Barop welcher g[an]z mit mein[em] Streben vertraut ist
alle dafür nöthigen Fragen zu thun.-
Besonders wichtig wäre es
junge Frauenzimmer dafür zu gewinnen sollte dieß vielleicht von
Frankfurt Marburg aus leichter mögl
seyn?- Welche <innig eingehende> u fortgehend förderl pflegende
Theilnahme edelster Frauen auf länger[e] u lange bis auf kürzere u
vorübergehende Zeit sich die hiesige Kinderbeschäftigungsanstalt aus
den verschiedensten verschiedenen Gegend[en]
Deutschlands wie aus der nächsten Nähe erfreut davon wird Ihnen Herr
Barop gern Kunde geben.- Ja daß sogl einige ge[schätzte] Freunde mit
den Gedanken umgehen auf [ei]nige Zeit mit ihren Kindern hier zu
leben. Doch ich muß abbrechen um Sie nicht zu ermüden.- Versichern
Sie dem verehrl Frauenverein in seinen Vorstehern wie in
<seinen> Gliedern meine hohe Achtung und bitten Sie denselben
als ein G[an]zes u in sein[en] einzelnsten Gliedern mir zur Förderung
der wichtigsten Sache der Menschheit die helfende mitwirkende Hand /
[1R]
Geist u Gemüth zu reichen indem ich
tief von dem Ausspruch
Schillers [sc.: Herders] in
Beziehung auf die Menschen erziehende Wirksamkeit der Frauen:
"sinnet O erzieht ihr könnt es allein" tief in mir
überzeugt sey.
Wollen Sie vielleicht die Güte [haben] Her[r]n
Barop wenn es ihm die Zeit
verstattet in diesen verehrl. Verein einzuführen u ihn mit den
hochachtbaren Gliedern diese[s] z.B. Fr. <Oberins[p]ector vereh
Krüger> bekannt zu machen.
Doch ich muß fürchten Ew Wohlgeb
d[urc]h [mei]nen l[an]g[en] Brief lästig zu fal[l]en so viel ich auch
noch im Interesse des Gege[n]st[an]d[e]s mit Ihnen verhandeln
möchte.-
Empfangen u genehmigen Sie
[Text bricht ab]