Mich aber haben des Lebens
Schicksale, besonders durch
den so frühen Verlust meiner nun
verkl. l. Frau, Deiner
Dir stets bleibend in Liebe zugethanenen
[sc.: zugetanen] Base, - gar sehr /
[2R]
schmerzlich
getroffen, zwar hat sich mein äußeres
Leben als der Kindheit, der
Pflege der Menschheit in
der Kindheit hingegeben in etwas
beruhiget; allein
um so tiefer und stilltraue[r]nder empfinde ich
den
herben Verlust je mehr das äußere Leben freudig
sich und
genügend enwickelt je mehr mir nun
die
fehlt
die es gleich innig pflegend und mit mir, in sich trug;
Oft
sehr oft kann ich den Schmerz darüber in mir
kaum
unterdrücken; dann kann mich nur das Bewußt-
seyn
erfreuen, ermuthigen, erheben, daß ich das pflege,
was ihr selbst
im Leben so theuer war - entsprechende
Beachtung der frühesten
Kindheit des Menschen -
und daß ich mich, zur solchen Pflege und
solchem Leben
bleibend Ihres Seegens versichert halten
darf.-
Ja so ist es. Du wirst vielleicht gehört haben daß
ich
schon vor dem Hinscheiden meiner l. Fr., eine Anstalt
zur
frühesten genügenden Pflege der Kindheit besonders
durch
entsprechende Spiel- u Beschäftigungsmittel u
Weisen öffentlich
angekündigt hatte. Da es jetzt nichts
ausmacht, ob ich diesem
Briefe ein Blatt mehr oder
weniger beyschieße, so lege ich hier
die Anzeige
bey, welche noch bey Lebzeiten meiner theuren
Seelenfreun-
din u Frau, ja zu ihrer Freude, erschien.- Dieser
Anzeige
zur Folge wurde Anfangs Juny dieses Jahres die
Anstalt
so wie die dazu gehörige Kleinkinderpfleg- Spiel-
und
Beschäftigungsschule errichtet. Da öffentliche Blätter /
[3]
sich bestimmt genug über den Fortgang der Anstalt
aus[-]
gesprochen haben so kann ich hier, mich auf diese
beziehend
mich kurz fassen. Einige Aufsätze im Allgem. Anz. d.
D.
will ich Dir in dieser Beziehung, wenn solche Dir noch nicht
zu
Gesicht gekommen seyn sollten, besonders erwähnen;
sie
stehen in Nr. 276 von 10. Oktbr und in Nr. 290 von
24.
dess. Monats. Sie sind beyde aus zwey verschiedenen
sehr
achtbaren hiesigen Beamtenfamilien hervorgegangen,
deren Kinder
sehr fleißigen Antheil an der Spiel- und
Beschäftigungsschule
nehmen.- Du wirst diese Blätter
gewiß bekommen können, so wie Du
nach deren Lesung, was
Dir wohl lieb seyn wird, ein klares Bild
von dem hiesigen
Leben bekommen wirst. Zur Vervollständigung lege
ich
Dir hier noch zwey Nrn. aus der von der Fräulein
Luise
Marezoll in Jena
herausgegeben werdenden
Frauen[-]
zeitung Nr. 142 und 143 bey in
welchen sich abermals
ein Aufsatz über das hiesige Leben
befindet, dessen Grund-
lage die Mittheilungen einer geistreichen
und gemüthvollen
Frau (welche längere Zeit sich,
hier mit dem Ganzen innig
lebend,
zur Prüfung desselben hier aufhielt) - an die
Fräulein Luise
Marezoll ausmachen. Luise Mare-
zoll ist eine Tochter des
bekannten Predigers Marezoll
in Jena.- So könnte ich also meine
Mittheilungen über
mein hiesiges Wirken, welches Herr
Middendorff
höchst
förderlich theilt, schließen; das Weitere was ich
sonst
wohl noch erwähnen könnte z.B. daß ich jetzt auch eine /
[3R]
Einrichtung zur Bildung von Kindermädchen begonnen
habe.
In Beziehung auf die Frauenzeitung wollte ich noch
erwäh-
nen, daß sie ein sehr geachtetes Blatt ist und daß es
viel[-]
leicht geschickt seyn könnte einem Bedürfniß nach
belehren-
der Unterhaltung unter den Frauen Bergedorfs
abzu-
helfen; dann wollte ich es Dir empfehlen, um es dazu
in
Vorschlag zu bringen.
Fräulein
Marezoll schreibt
mir darüber, daß das Blatt von künftigen
Neujahr
in einer verbesserten Gestalt d.i. in
Vierteljahrheften
erscheinen würde, um größere Aufsätze
aufnehmen
zu können.
Von Keilhau und
wie Malchen da von allen, ich
mag Niemanden, selbst nicht einmal
den Oheim u die
Base herausheben geliebt u geachtet wird, wird
sie
Dir hoffentlich selbst geschrieben, so wie Dir alles /
[4R]
Neue von dort berichtet haben. Ich lasse also
alles
dieß an der Seite liegen, so wie auch alle
Nach-
richten von
Ferdinand
und Herr
Langethal aus
der
Schweiz. Aussprechen will ich nur daß es
überall nach Maaßgabe
des wechselnden mensch-
lichen Lebens recht gut geht. Daß Herr
Barop gestern
nach 4 wöchentlicher Abwesenheit aus seiner
Heymath wohin er
seine Mutter u Schwester brachte
mit 3 neuen Zöglingen
zurückgekehrt ist, so daß die
Zahl derselben in Keilhau nun
30 ist, dieß alles
wird sie Dir geschrieben haben. In Beziehung
auf
hier will ich nur erwähnen, daß meine Anstalt
hier außer
vielen gebildeten und achtbaren Besuch
sie auch noch zum öfteren
fürstlichen Besuch gehabt hat
so der Frau
Fürstin Mutter Durchl. zu Schw.
Rudolst.,
Ihrer Durchl. Schwester der Frau, Prinzeß
Karl
zu Schw. Rudolst[a]dt; - der reg. Frau Herzogin von Dessau;
-
der Frau
Erbgroßherzogin von
Mecklenburg - (Stiefmutter
der einstigen Königin von
Frankreich) - der Frau Prinzeß
Albert
zu Schw. Rudolst. (einer Tochter der Königin von Hannover)
Zwey
Prinzessin[nen] zu Schaumburg-Lippe wovon die eine
die Schwester
die andere die Tochter des jetzt reg. Fürsten
zu Schaumburg-Lippe
ist; endlich die kleine Prinzeß Elisabeth
von
Schwarzburg-Rudolst.- Alles geht zu Ende, Papier
und Zeit darum
nochmals die herzlichsten Grüß[e] an Dich deinen
lieben Mann und
wackern Knaben. In Liebe u Treue Dein Oheim