Blankenburg bey
Rudolstadt am [Lücke: 2.]
August 1841
Meine theure, liebste Muhme
Offen will ich es Ihnen gestehen, daß ich heut mit Sicherheit auf
einige
liebe Zeilen von Ihnen hoffte welche mir Ihre glückliche
Ankunft
zu Hause und den frischen freudigen Empfang von all den
lieben Ihrigen
besonders des hochgeschätzten Vetters melden
würden; doch jetzt ist
die Berufabgabe vorüber, so daß ich nun
nichts mehr zu erwarten
habe, darum will ich wenigstens nicht
versäumen Ihnen zu sagen
daß ich das hausfrauliche Leben, daß ich
besonders Ihr häusliches
Leben Ihren stillen häuslichen Sinn,
Ihre mütterliche Pflege, Ihre
innige Lebenstheilnahme seit Ihrer
Abreise recht sehr vermisse.
Eigentlich habe ich Ihnen nichts als
dieß zu sagen und dennoch könnte
ich den ganzen Brief darüber
schreiben, deßhalb aber sage ich nichts
mehr darüber.- So sehr
mich nun auch einige Zeilen von Ihnen
erfreut haben und mir Ihre
Abwesenheit weniger fühlbar ge-
macht haben würden, so begebe ich
mich doch gern der Erfüllung
meines Wunsches da ich mir wohl
sagen kann daß mir 14 Ta-
ge Abwesenheit der Gattin, Mutter,
Hausfrau und Kinderpfle[-]
gerin eine Menge Anforderung an die
ersehnte Wiedergekehrte
gemacht haben wird.
Besuch habe
ich wieder mehrfach gehabt, so unter andern auch aus
Plauen, wo
nun zu hoffen ist daß auch ein Kindergarten erstehe.
In Gera
sollen 2 Familien Kanz und
Hänlein glaub ich,
seyn welche mit
Plauen in Verbindung stehen. Stehen die
Frauen dieser Familien
mit Ihnen im freundlichen Verkehr?-
Mit der Gesundheit unserer
Fr:
Pastorin Richter geht es
immer besser.
Gestern Nachmittags war sie in der Gesangs-
stunde gegenwärtig.
Fräulein Günther will noch nicht völlig erstehen. /
[1R]
Unsere Engländerin nimmt an allem thätigen Antheil, ist aber
auch
viel in Keilhau wo sie der Geist der Anstalt in
mehrfacher
Beziehung festhält.
Als ich vor einigen Tagen
nach Keilhau kam ertönte es mir so-
gleich entgegen daß Sie liebe
Muhme auch da sich die Herzen
namentlich der Frauen gewonnen
haben, was mir gar sehr
erfreulich war.
Auch in Keilhau
ist wieder mehrfach Besuch gewesen, so
eine Schwestertochter
meiner lieben Schwägerin mit ihrem kleinen
Töchterlein und einem
Bruder der ersteren, ihnen zur Freude
wurde die Glocke
gesungen.
Beyliegend sende ich Ihnen 2 Ex. der versprochenen
Anzeige
des Herrn Dr. Hermann von unserm Consist. Da Sie
so
ganz wesentlich thätigen Antheil an unserer Spiel
Aufführung
nehmen so gehört das darin darüber Ausgesprochene auch
Ihnen
mit an.
Könnte man dieß vielleicht zu einer Anzeige
von der
Sache in Ihr Gerasches Wochenblatt benutzen um
vielleicht
die Musiker daselbst zu veranlassen auch einmal
etwas
Musikalisches zur Förderung u Verbreitung der Kindergärten
in Gera
aus- und aufzuführen.
Doch ich muß schließen damit
Sie wenigstens unser
aller Grüße in diesen Zeilen empfangen. Ich
erhalte
nun doch auch bald einige - aber deren nicht zu
wenige
von Ihnen?
Mit herzlichen Grüßen an all Ihre lieben
besonders
Ihren lieben Mann
Ihr
stets
gleich treugesinnter Vetter
FrFröbel. /
[2VR]
[leer]