Herrn Johannes Stangenberger in Poppenwind b.
Hldbrghsn.
Keilhau bei Rudolstadt am 29/V
1847
Sie haben mir sehr werther Herr
Stangenberger durch Ihr freundliches Briefchen vom 21. d. wieder viel
Freude gemacht; darum auch zuerst meinen besten Dank dafür, dass Sie
sich des übersandten Liedchens, Christus der Kdrfr. so pflegend und
liebevoll angenommen haben, dafür noch meinen besonderen Dank. Aber
eben dieserhalb komme ich schon wieder bittend zu Ihnen. Künftigen
Dienstag denke ich meine Reise nach der Elbe u.s.w. anzutreten, ich
werde über Gotha reisen und auch dort einige Tage /
[LC 13b]
verweilen, also frühestens Freitag wieder von dort
abreisen, vielleicht aber auch noch einen oder 2 Tage später.
Letzteres scheint mir fast gewiss. Nun möchte ich aber das Liedchen
meinen Schülerinnen gern als eine Reisegabe mitbringen, deshalb nun
wäre es mir gar lieb, wenn Ihr[e] Güte mir solches unter dem
Umschlage und Aufschrift: "An Fräulein
Christiane Erdmann Vorsteherin
des Kindergartens in
Gotha
unfrankirt recht bald zusenden könnten, so,
dass es mich
dort noch träfe.
Hierzu füge ich noch eine zweite Bitte: - Sie erinnern sich, dass
ich Ihnen bei Ihrem Hierseyn, in der Hoffnung, /
[LC 14]
dass Sie eine Frühlingsreise bald wieder zu uns führen
würde - mehrere Druckblätter, nemlich einige Zeitungsnummern, welche
Stimmen über mein Wirken enthalten, zwar zur weiteren Mittheilungen,
allein auch mit der Hoffnung und Bitte gütiger Rückgabe - mitgab.
Diese Blätter nun haben wegen der Stimme, welche sie enthalten,
für mich auf der Reise ganz besonderen Wert - deshalb bitte ich Sie
gar sehr, mir diese Blätter, eben mit gedachten Liede auch nach
Gotha zu senden und nochmals bitte ich
unfrankirt. Was Ihre gütige Sorgfalt bei
Composition des Liedes betrifft, so hoffe ich, dass /
[LC 14b]
die erste Composition Anerkennung von dem Kreise gefunden
hat, welchem sie solche in Eisfeld zur Prüfung vorlegen wollten, die
erste Auffassung giebt später klärend durch[ge]arbeitet, immer das
Beste. Nun zur Beantwortung Ihres vorhergehenden l[ieben] Briefes,
dessen Inhalt, Sie in diesen Briefe wieder gedenken.- Ich bin mit den
mir von Ihnen gütig mitgetheilten Plan nach jeder Seite hin
vollkommen einverstanden, und werde denselben in seiner Ausführung
nach Möglichkeit unterstützen.- Sie können diess wie von mir, so noch
besonders auch von Herrn
Middendorf[f] versichert sein, welcher durch sein /
[LC 15]
Wort auch gar viel zur Vollkommenheit der
Ausführung beitragen kann. Auf uns können Sie nur [um] so sicherer
zählen, als der Plan in Einigung, Gediegenheit und Raschheit, wenn
einmal begonnen - ausgeführt wird. Die Broschüre müsste entweder eine
Festgabe zum Christfest oder eine Gabe zur Feier vom 10. Novbr.
Dr.
Luthers Geburtstage u.s.w. werden oder doch am, ich will kein
weiteres < ? > ausführen, am schönsten wäre es - da sie ja von
Kinderfreuden handeln wird - eine Christfestgabe.
Was nun
meinen Plan betrifft. Am 9
ten Juny wird /
[LC 15b]
in Marienberg im Obernerzgebirge
"Luthers Kindergarten"
(:eine
Stiftung zur vorigjährigen 300jährigen Secularfeier von
Dr. M. Luthers Todtes Tag:) eröffnet werden.
Eine meiner Schülerinnen
Auguste Steiner aus
Oberweissbach, deren Sie sich vielleicht erinnern, wird Gärtnerin in
diesem lieblichen Kindergarten werden. Wills Gott, so werde ich sie
dort einführen.
Diese Thatsache - ein ["]Luthers Kindergarten"
als eine Stiftung zu Luthers Todestag.
Diese muss uns die Grundlage zur
Erreichung unseres Planes - die Ausführung eines /
[LC 16]
"Luthers Kindergarten"
und für Luthers Geburtstag werden.
Kehre ich so Gott will
von Marienberg zurück, so theile ich Ihnen das dort Erlebte zum
Gewichte an dem Uhrwerk unseres Planes mit, zur Ausführung dieses
Planes darf gar nicht locker gelassen werden, nur muss man die Sache
mit Ein[-] und Umsicht beginnen, doch auch dem Geiste das Unternehmen
vertrauen.
Der Gründer von "Luthers Kindergarten" in Mbrg ist
der Ihnen aus der sächsischen Schulzeitung Jahrgang vom vorigen Jahr
gewiss bekannte
Superintendent
Schneider in Marienberg. Dieser Mann ist /
[LC 16b]
ganz begeistert für diese Idee, er schreibt mir in seinem
jüngsten Briefe: - "Zur Freude wird es Ihnen endlich gereichen, Ihnen
versichern zu können, dass unsere Anstalt nicht leicht einen anderen,
einen besseren und treffenderen Namen als
"Luthers Kindergarten"
erhalten
kann.
Darum auch am Luthers Geburtsorte einen 2ten
"Kindergarten Luthers"[.]
Das
wird köstlich, so wird von der
Kinderwelt und wieder durch die Kinder
auch Einigung und Eintracht unter die Geisteschristen kommen, daran
sich die Gemüthschristen < ? > erfreuen und beide werden sich
liebend im Leben zu einem /
[LC 17]
harmonischen Ganzen
einem [sc.: einen] wie Geist und Gemüth in einem
Leibe zu[m] Meisterwerk und zur Krone der
Schöpfung - zum Menschen - Gottes Ebenbilde.
Nur mit
Eintracht, Stetigkeit, Ruhe, Ein- und Umsicht, wie mit Ausdauer dem
grossen Ziele entgegengewirkt -- dann soll nichts über das Glück und
die Würde gehen ein Schul- und Erziehmeister ein Garten- und
Gärtnermeister im grossen Menschengarten Gottes zu werden. Auf
[sc.: Auch] Ihren Vorschlag uns später, blos um uns persönlich zu
sprechen - auf halben Wege zu treffen, nehme ich mit Freuden an,
entweder Allein oder in Gemeinsamkeit mit /
[LC 17b]
anderen. Wollen Sie sich z.B. mit Ihrem Freunde
Lindenlaub verbinden, so können wir uns in
Ilmenau einem freundlichen Orte zusammenfinden. Oder soll es im
Schwarzathal geschehen, N
o 1 wenn die Tage noch
lang sind, so können wir
Goldisthal,
Katzhütte oder einen andern Ort im Thale
bestimmen. Oder auf den Hof in Cursdorf wohin von
Eisfeld zwei Wege führen entweder über
Schönen Katzhütte Meuselbach Cursdorf; oder über Schwarzbach die
Mertelmühle, Siegmundsburg, Limbach Glücksthal Neuhaus Cursdorf. In
Cursdorf wäre es schön, da hätten wir einen hübschen /
[LC 18]
Gasthof, schöne Aussicht von 2 Bergen einmal Abends dann
früh.- Auch könnte man die Cantorei in Oberweissbach, Cursdorf,
Meuselbach davon benachrichtigen vielleicht wäre es möglich auch
unter diese Männer einiges Feuer zu bringen. Diess liesse sich in
2 Tagen z.B. Sonnabend und Sonntag oder Sonntag und Montag
vollbringen. Also auf nächstes
briefliches
Wiedersehen in Gotha.
Leben Sie wohl. Der
Ihrige
Friedrich
Fröbel
Ilmenau soll auch eine schöne
Lehrergenossenschaft haben[.]