Gegen mein Erwarten empfange ich so
eben von einer meiner
Schülerinnen aus dem vorigen Cursus - also
von einer
Mitgenossin von
Friederike Breternitz - von der
Frau
Amalie Gerber, einer jungen
Schullehrer Wittwe
Hildburghausens - welcher ich, um derselben
meine Sorgfalt
für ihr Unterkommen zu beweisen, Ihre jüngste
liebe
Anfrage übersandte - ganz unerwartet die Nachricht,
daß
dieselbe gesonnen ist die in Ihrem letzteren Briefe
bezeichnete
Stelle und Wirksamkeit in Ihrer Kinderbew. Anst.
anzunehmen.
Recht sehr freue ich mich über diesen Entschluß der
Frau
Gerber und ich gestehe sie gewinnt dadurch bei mir noch in
der
Achtung welche ich wirklich für sie habe; daß nemlich sie
sich
nicht durch den Namen Bewahranstalt - mit welchem
sich
nun einmal, nach unseren Erfahrungen immer die
Zusammen[-]
fassung mehrer wesentlichen [sc.: mehrerer
wesentlicher] Mängel namentlich der, der
äußerlichen und
mechanischen Erfassung der Kinder ver-
bindet - abhalten läßt,
die von Ihnen bezeichnete Stelle
anzunehmen. Ich wünsche nun mir,
daß solche noch nicht
fest vergeben seyn möge. Leider habe ich an
Fr: Gerber
um bei derselben wegen Annahme der Stelle
anzufragen
zu spät gedacht, warum?- Weil mir dieselbe
geschrieben
hatte, daß sie nur eine Wirksamkeit an einem
Kinder-
garten wünsche. Ob Sie sich nun gleich bei Frde
Brtnitz
wegen der Persönlichkeit der Fr. G. erkundigen
können;
indem, wie ich schon sagte, beide nicht nur den vorigen
Cursus
gemeinsam bei mir durchgemacht
ha sondern auch in einem
hiesigen
bäuerlichen Hause zusammen gewohnt haben; so
will ich doch auch
gegen Frau Gerber mein Wort lösen
und Ihnen mein Urtheil über
dieselbe ablegen. Ich
glaube nemlich - wie Sie mir die offene
Stelle bezeichnet
haben (und ich habe der Frau Gerber um jeder
weiteren Ver[-]
antwortung von deren Seite baar zu seyn, neulich
Ihre Be- /
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stimmungen und Forderungen in Ihrem
Original-Briefe
zugesandt) - daß
Frau Gerber ganz in diese
Stelle
paßt und sie vollkommen ausfüllen und ihr in
gleicher
Weise genügen wird. Sie schreibt eine klare
kräf-
tige schöne Frauenhand - daß sie im Stande seyn
wird
kleine häusliche Rechnungen zu führen, daran
zweifle ich auch
nicht, sie ist, obgleich noch in den viel-
leicht ersten oder
höchstens Mitte Zwanzigern - doch eine
Frau von Erfahrung hat
große Liebe zu den Kindern, lau[-]
ter gute Eigenschaften.
Leider, durch häusliche Verhältnisse
gehindert konnte sie nicht
gleich nach vollendeten Bild[un]gs[-]
cursus in eine
entsprechende Wirksamkeit treten, doch
höre [ich] daß sie
besonders früher den Kindergarten in Hild-
burghausen zu ihrer
Übung u Fortbildung viel benutzt
hat, und so hoffe ich denn -
wenn anders, was mir in dop-
pelter Beziehung sehr leid thun
würde, - die Stelle noch nicht
vergeben ist - daß Frau Gerber
ganz Ihren und des
gesammten Frauen Vorstandes Wünschen u
Forderungen,
wenigstens mehr als jede andere, dafür nicht
Aus[-]
gebildete - entsprechen würde.- Dieß Ihnen aus
zu
sprechen hielt ich für doppelte Pflicht. Sollte nun
aber
Fr. Gerber ja Anfangs manche Unvollkommenheiten
zeigen
so bin ich überzeugt, daß Sie l. Muhme dieselbe
mütterlich
oder wenn Sie lieber wollen schwesterlich belehren
werden.
- Einen, aber mir wesentlichen Wunsch hätte ich nur
noch, und
ich glaube es ist gut solches sogleich auszusprechen: -
sollte
Fr.
Gerber, wie man
zu sagen pflegt, einschlagen, so wünschte
ich gar sehr - daß Sie
dann alles Ernstes darauf antrügen,
daß Ihre Anstalt sich auch
dem Namen nach zu einem
Kinder[-]
garten erhübe, es handelt sich hier um
Einführung des
Geistes und
nicht um
Einführung eines Wortes allein das Wort ist der Körper
und Träger
des Geistes. Ihre Anstalt steht auch bei dieser Erhebung
nicht
allein - Hildburghausen u Homburg vor der Höhe, entfal[-]
ten
sich dabei trefflich. Leben Sie wohl, bald ein Wort Antwort