Keilhau am 18. Mai [sc.: Juni] 1848
Lieber Herr Stangenberger.
Ihr[e] freundliche Zusendung vom 16
ten dieses
[Monats] habe ich den Tag nach meiner Ankunft hier richtig erhalten
und empfangen Sie zuförderst dafür meinen besten Dank. Wie mich sonst
der Inhalt derselben mehrfach gefreut hat, so hat mich doch der
Zusatz in den Zeilen von
Jul.
Kell, dass Sie sich fast mehr zu dem rein Politischen als zu
dem Pädagogischen der Zeitfragen hingezogen fühlen - fast geschmerzt
wenigstens auf den ersten Augenblick; aber auch wenn ich länger
darüber nachdenke, so kann ich auch das Leid gefühltes darüber nicht
erwehren; und warum?- Ich sage mir, für das rein Politische giebt es
Kämpfer und Vorkämpfer genug für das rein Pädagogische, diess
besonders von seiner volksthümlichen Seite aufgefasst, giebt es der
Kämpfer und /
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ganz besonders der Vorkämpfer noch
wenige; sie sind noch überall in der Minorität, wir dürfen, sie
desshalb nothwendiger Weise jetzt nicht verlassen, freylich können
werden Sie mir darauf antworten - "wenn nur erst das rein Politische
durchgefochten und durchgekämpft ist, dann findet sich schon das rein
Pädagogische auch -" es hat diess einigen Schein der Wahrheit für
sich allein ich blicke bei solchen schwierigen Fragen und Antworten
in die Natur, und da sehe ich dann z.B. in Beziehung auf den
vorliegenden Fall, dass, wenn es sich in der Natur um die Ausführung
und Darstellung eines Gesammtorganismus handelt, wie z.B. jetzt um
den Organism. des deutschen Volkes und Nationallebens - dass da sich
nicht erst ein System z.B. dass des Blutes oder der Nerven rein
ausbildet, ehe die Ausbildung des andern auch gleichsam mit in
Angriff genommen wird, /
[LC 73]
sondern dass diess
wenigstens der Anlage nach so ziemlich zugleich geschiehet, doch
solche Stimmen können im Besonderen nicht bestimmend, sondern nur
berathend seyn, denn der Augenblick ist jetzt der Beher[r]scher der
Zeit und die Erfüllung der Forderung desselben, doch wünsche ich nur,
dass Sie das Politische nicht so ganz dem Pädagogischen entziehen
werden, dass Sie bei unserm nun in Ernst in Angriff genommen[en]
Zusammentritt deutscher Volkserzieher (Volks[-] und Landschullehrer)
welcher für die erste Hälfte des Monats August nun ernstlich
vorbereitet wird - fehlen würden. Diese Zusammenkunft ohne Zweifel im
Keilhauer Thal ist eines der Ergebnisse meiner Reise, hören Sie deren
Verlauf.
Freitags den 26. Mai reiste ich von Ihnen ab.
Sonnabend Abends spät kam ich in Leipzig an, diess hielt mich ab noch
Kell aufzusuchen. Als ich Sonntags /
[LC 73b]
den 28.
früh in sein Haus trat, fand ich ihn abgereist, denn die Conferenz
fand nicht in Leipzig sondern in Oschatz statt.- Ich reiste nach -
konnte aber, da es nur eine Ausschuss oder Comite Conferenz war,
ihren Versammlungsort nicht erfahren. Nun kurz vor Abgang des
Bahnzuges traf ich mit ihm zusammen. Das Ergebniss der Mittheilungen
bestimmte noch zunächst d.h. sogleich nach Dresden u. von dort des
andern Tages Montags nach Bischoff[s]werda und Bautzen zu gehen, was
auch geschah.
Dienstag früh hörte ich in
Bautzen einen ausführlichen Vortrag vom
Seminardirektor Dressel über d[a]s
<?> System und spielte hierauf eine Stunde mit den kleinsten
Kindern, ich glaube zum Theil zwischen 5-6 Jahr die Übungsspiele des
Seminars, was grossen Beifall erhielt, Wünsche hervorrief u.s.w. Der
Herr Direktor fand es ganz besonders beachtens- /
[LC 74]
werth, dass die Kinder so unbefangen, freudig und einig
sich zum Spiel zusammen fanden, und leicht die kleinen Bestimmungen
desselben ausführten, indem unsere gegenseitige Bekanntschaft erst in
u. mit dem Spielen selbst begann. Als wir ein Gehspiel spielte[n]
schloss sich fröhlich die ganze Schaar der kleinen Mädchen an. Gemug
[sc.: Genug] die improvisirte Ausführung gefiel.
Nach
Bischoffswerda zurück gekehrt, machte ich Nachmittags in einen
[sc.: einem] Garten in dessen Nähe Mittheilungen über Spiele,
Beschäftigungen und Kindergärten ausser
Pitz, waren nebst anderen Lehrern u.s.w. auch
ein gewisser
Rau, Herausgeber eines kleinen Schriftchens
über Brucke, gegenwärtig. Ebenso noch ein dritter sehr wackerer
junger Lehrer der Nähe dessen Namen mir leider entfallen. Hier war
das Interesse sehr gross, der Gedanke eines Vereins deutscher /
[LC 74b]
Volks Erzieher und Volkslehrer fand hier viel
förderliche Bestimmung.
Mittwoch Vormittag kehrte ich nach
Dresden zurück u. Besuchung zunächst des Kindergartens im
Frauenschutz und Spiel daselbst; ich fand lebenvolle Erfassung der
Sache und demgemäss Ausführung besonders eines Frühlingsliedchen,
dessen Inhalt von den Kindern dargestellt wurde. Mir erweiterte es
die Auffassung der Kinderspiele u.s.w.
Mittwochs Nachmittags
und
Donnerstag (den 1. Jun.) Himmelfahrt
wurde persönlichen Mittheilungen gewidmet.
Freitags Nachmittags fand auf Veranlassung vom
Lehrer <Zfschetsche /
Ztschetsche> in Dresden eine Vorführung der Spiele u.
Beschäftigungen im
Frankenberg'schen Kindergarten statt. 80 Personen
besonders Dresdener Lehrer mochten anwesend gewesen seyn. Letzte
nebst mehreren erziehenden Frauen hielten bis ganz spät als schon
längst Licht /
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abgebrannt worden war, an den
Mittheilungen fest. Allgemein wurde grosse Befriedigung ausgesprochen
und die Überzeugung, dass dieser Vortrag viel zum richtigen Verstehen
des Ganzen beigetragen haben würde. Auch hier wurden die
ernstlichsten Mittheilungen zum Zusammentritt deutscher Volkserzieher
Anfangs August in der Nähe Rudolstadt[s] gemacht und viele
Versprechen zum Besuche derselben gegeben. In
Dresdner Blätter[n] sollte zu diesem < ?
> [sc.: Zwecke] meine Anwesenheit und Wirksamkeit in Dresden
besprochen werden. Sonnabends (den 3. Juni) Vormittags fand eine sehr
eingehende Besprechung mit Dresdner Kinderfreundinnen statt, der
Erfolg versprach fruchtreich zu werden.
Ich werde auf diesen
Punkt in diesen [sc.: diesem] Briefe noch einmal zurück kommen.
Sonnabends Mittags nach dieser Besprechung reiste ich von Dresden
über /
[LC 75b]
Nossen an
Klappendorf (?) in der Nähe Freibergs um
dort mit
Julius
Kell bei seinem Vater, dem hiesigen Pfarrer zusammen zu
treffen. Sonntags (den 4. Juni) giengen wir früh zusammen nach
Grossthemersdorf, wo Jul. Kell seinen Schwiegervater besuchte.
Nachmittags waren auf Jul. Kells Veranlassung eine grosse Anzahl von
Landschullehrern nach Grossthemersdorf gekommen, um von mir
Mittheilungen über Kindergärten, Kinderspiele u. Beschäftigungsmittel
u. Weisen zu vernehmen. Alles ging vortrefflich vonstatten, es war
als hätte ich alle Zöglinge woraus [sc.: worauf] Alle Anwesenden
wünschten Nachweisungen über das Ganze Mittheilungen von Spielen und
Liedern. Gern gewährte ich die wenigen Wünsche die ich erfüllen
konnte, sie die anwesenden Lehrer sandten, nachher noch einen aus
ihrer Mitte zu mir um mir besonders zu danken. /
[LC 76]
Doch die Mittheilungen und Besprechungen mit J. Kell waren mir
hier Hauptsache, Von [sc.: von]
Dr Lommers zusammen gefassten
(< ? >) Protokolle konnte
konnte ich leider nicht den gewünschten
Gebrauch machen weil derselbe gegen meine und gewiss auch Ihre
Meinung ann [sc.: am] Ende desselben aussprach dass er diese
Zusammenfassung auf
mein ausdrückliches Verlangen zu
meinen [sc.:
meinem] Privatgebrauche ausgefertigt habe und
noch überdiess Persönliches - wenn auch Wohlgemeintes über mich
aussprach, wodurch das Ganze die Bedeutung verlor, welche es für die
Sächsische Schulzeitg d.h. zunächst für Kell haben sollte u.s.w.
Sie hatten ja diese Zusammenfassung so
wenig für mich, als ich selbst, sondern für
J. Kell bestimmt, gleichsam als
kurze Bestätigung und Anknüpfung meiner mündlichen Mittheilungen. So
gross es aber immer wenn eine, dem /
[LC 76b]
Allgemeinen
geltende Sache in das Persönliche - welches als vereinzelt
hergestellt wird - herabgezogen wird.
Die Hauptsache unserer
Mittheilung, ja Feststellung betraf jedoch die beabsichtigte
Zusammenkunft deutscher Volkserzieher respektive Volksschullehrer und
Kinderfreunde es wurde desshalb
1.) sogleich ein
Einladung dazu von uns beiden entworfen,
welche im Allgemeinen somit unsere beiderseitige Bestimmung, erhielt
zu letzter Redaktion aber Jul. Kell ganz überlassen blieb.
2.) Darin wurde als Ort der
Zusammenkunft im Allgemeinen die in der Nähe Keilhau und Rudolstadt, also an der Mündung der
Schwarza festgesetzt.
3.) Als
Zeit
die nächsten Tage nach der Zusammenkunft der grossen sächsisch.
Conferenz in Dresden, also ohngefähr vom 9[.] bis zum 13[.] August
undem [sc.: indem] wir hoffen dass alsdann die meisten deutschen /
[LC 77]
Landschullehrer Sommerferien haben, oder
wenigstens für einige Tage dort leicht noch von ihren Behörden zur
Besuchung dieser Zusammenkunft leicht Erlaubniss erhalten werden.
4.) Alle sächsisch. Conferenzen sollen zur Beschickung dieser
Versammlung durch bestimmte Deputirte eingeladen werden. (Ich hoffe,
dass diess später auch von Meiningen und von Coburg aus geschehen
wird und ich ersuche Sie lieber Herr Stangenberger vorläufig das
Nöthige nach Möglichkeit in Beziehung auf Meiningen
einzuleiten.[)]
5.) Da dahin gestrebt werden soll den
Theilnehmenden wenigstens der Anforderung nach, mindestens freies
Quartier zu geben, (woran sich aber gewiss gastfreundliche Bewirthung
als freiwillige Zugabe schliessen wird) so werden diejenigen, welche
daran ent- /
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weder persönlich für sich Antheil
nehmen wollen, oder als Deputirte Antheil nehmen sollen, gebeten,
diesen bei einen [sc.: einem] von denen, welche die Einladung als
freiwillig zusammen getretenes Comite vorläufig unterzeichnet haben,
zu melden. Damit man wegen des freien Unterkommens das Nöthige zur
rechten Zeit besorgen könne.
Von den meisten
von diesen muss ich freilich nun erst die Erlaubniss und die
Bestätigung unseres Vertrauen[s]- /
[LC 78]
schrittes
einholen.
Kell, Pilz, <
Ztschetsche /
Zfschetsche> [und]
Zei[t]z haben
uns ihre Bestätigung bereits übergeben. Zunächst habe ich mich nun
anfragend und bittend an Sie lieber
Stangenberger zu wenden, dass auch Sie zu der
guten Sache das Opfer bringen und unsern Vertrauensschritt genehmigen
und sich dem genannten
Comité zunächst zur
Annahme, Aufnahme und Mittheilung der sich meldenden Theilnehmenden
gefälligst beschliessen mögen. Wir hoffen mit Bestimmtheit keine
Fehlbitte zu thun. Für Meiningen wüsste ich leider Niemanden in
Vorschlag zu bringen, den welcher den Zei[t]z in der Conferenz so
ablaufen liess möchte ich nicht nennen, auch kenne ich wirklich
dessen Name[n] nicht. Den Herrn Dr.
Lommer für Salzungen nicht
vorzuschlagen, zeigten sich mir auch Gründe, welche der Raum mir
nicht gestattet hier auszuführen, doch bitte ich angelegent- /
[LC 78b]
lich mir dieselben und damit die Möglichkeit zu
meiner Rechtfertigung zukommen zu lassen. Eben jetzt fällt mir noch
Herr
Carl in Ummerstadt ein, leider ist mir derselbe
so sehr ich nach Namen in den ersten Buchstaben des Alphabetes
gesucht habe nicht vor die Seele getreten. Wenn Sie nun meinen dass
derselbe einen Antrag dieser Art nicht ablehnen würde, so auch sonst
glauben, dass wir für jene Gegend Meini[n]gens auch ein namhaftes
Mitglied nöthig haben, so bitte ich es mir recht bald anzuzeigen, so
wie überhaupt mir gütig alle die zu nennen, welche wir als
Namensammler und resp. vorläufiges Comité Mitglied noch aufzuführen
hätten z.B. vielleicht für
Kranichfeld für
Königshofen.
Ich bitte Sie lieber
Herr St- mir
mir hierauf ja recht
bald und recht bestimmt zu antworten, indem die Ein- /
[LC 79]
ladung in einer der nächsten Nummern der sächsischen
Schulzeitung erscheinen soll.
Der nach dem Wunsche des
königlich sächsischen Ministeriums sehr ausführliche Entwurf der
Petition der sämtlichen sächsischen Volksschullehrer wird wohl nun
schon seit 8 Tagen in der sächsischen Schulzeitung abgedruckt seyn.
Ich mache Sie auf die Beachtung derselben gar sehr aufmerksam und
sollte Ihre Petition noch nicht bestätigt seyn, so möchte ich gar
sehr in Ihrem eigenen Interesse vorschlagen mit dieser Bestätigung
und Übergabe so lang zu warten, bis Sie < ? > [sc.: diese] zur
Vergleichung der sächsisch. [Schulzeitung] in Händen hätten, man
übersieht in solchen richtigen [sc.: wichtigen] Sachen gar zu leicht
etwas was oft durch Einfügung eines einzigen Wortes erreicht wird.
Besonders soll nach Jul. Kell die Kinderpflege in den Kindergärten
sehr ausführlich behandelt seyn. /
[LC 79b]
Was ich
Ihnen lieber Stangenberger sonst noch über mein Zusammenseyn mit
Jul. Kell berichten könnte,
werden Sie in der sächsischen Sch. Ztg uns aus derselben herauslesen.
Bemerken will ich nur noch, dass er gar sehr erfreut war nun
wenigstens ein Anschau[u]ng einiger Kinderbewegungsspiele und
einiger Beschäftigungsweisen erhalten zu haben. Er
versprach daher das Ganze der Kindergärten zu seiner Sache und
Angelegenheit zu machen. Nun weiter in der Reisedarlegung.- Dienstag
am 6. Juni war ich in Halle wo ich von Fräulein
Amalie Krüger die Zusage erhielt
mir bei der Ausführung unseres Planes thätige Hilfe zu leisten.
Zei[t]z in
Camburg
hatte mich durch seinen Vortrag in Hildburghausen für sich
gewonnn[e]n, ihn suchte ich daher
Mittwochs
am 7. Juni in Camburg auf. Zufällig fand es sich dass an diesem
Tage /
[LC 80]
gerad Conferenz und zwar die erste nach
der Hildburghäuser gehalten wurde. Zei[t]z referirte sehr gründlich,
wa[h]r und einfach über das dort Verhandelte - wo - was mir sehr lieb
war - eine Abhandlung "
über die Weckung und
Nährung des Triebes der Selbstthätigkeit in Schulen"
vorgelesen wurde, forderte man auch zu Mitteilungen über
die Beschäftigungen der Kinder auf, dass ich gern willfahrte, können
Sie sich sagen, die Theilnahme und die Ausdauer bei derselben so wie
die dadurch hervorgerufene wirkliche Begeisterung für die Sache,
belohnte, aber auch meine kleine Mühe reichlich. Ich gab nun auch
unserm [sc.: unseren] Plan einer Erzieherversammlung zur Prüfung. Der
Gedanke wurde allgemein freudig zur Ausführung begrüsst und nun
sogleich die Theilnahme von Mehreren der Anwesenden zugesagt.
Besonders übernahm
Zei[t]z den Beitritt zum
vorläufigen Comité und die Übernahme von Theilnahms[-] /
[LC 80b]
Anzeige [sc.: Anzeigen]. Es war spät Abends als wir
auseinamder [sc.: auseinander] gingen und
Zei[t]z machte mir noch die besondere Freude,
durch den Camburger Gesangverein und durch die noch anwesenden
Schullehrer einen Abendgesang mir bringen zu lassen, in dem Choral
"Eine feste Burg ist unser Gott" und - "Was ist des Deutschen
Vaterland" -
Donnerstag den 8. Juni ging es
früh von Camburg über < ? > [sc.: Gotha ?] nach Eisenach zum
Wartburgfest der deutschen Studenten. An
diesem Tage begannen auch die Berathungen über Tages- und
Geschäftsordnung, so dass ich also gleich vom Anfange an bei den
Verhandlungen war, was ich sehr wünschte. Über das Fest selbst
enthalte ich mich aller Mittheilungen, indem besonders die
deutsche Zeitung, welche auch bei Ihnen
gelesen wird, eine so einfache als wahre Darstellung desselben
enthält. Sie werden in den Gegenständen der Verhandlungen gar manche
fin- /
[LC 81]
den, welche ganz denen gleich sind welche
auch für Ihre Petition in Hildburghausen berathen und angenommen
worden sind nur natürlich in bedeutend vergrösserten
[sc.: vergrössertem] Maassstabe indem hier von einem kleinen Ländchen
und grö[s]stentheils von Volksschulen, hier aber von ganz Deutschland
und den Universitäten gesprochen wurde, dem Geiste nach waren und
sind sich jedoch die verhandelten Punkten [sc.: Punkte] mehrfach
gleich. Diess ist ganz gewiss auf das Höchste beachtungswerth. Allein
nicht minder beachtenswerth war es mir, dass ein alter Pädadgog u.
Schulmann Dr Kapp zu Hanau eine
Schrift zur Kenntniss der Studentenschaft brachte, einen "Aufruf zur
Umgestaltung der deutschen Volks[-] und
National Erziehung 2
te Aufl Arnsberg 1848
19 Seiten[.] In diesem Schriftchen nun, welches ich mir erlaube Ihnen
hier bei zulegen werden Sie nun all die Punkte, nur /
[LC 81b]
in noch weiter gehender Ausdehnung und so in
Gesammtzusammenfassung zur Sprache gebracht sehen, welche sowohl in
Hildburghausen wie von den sächsischen Lehrern berathen worden sind.
Ich bitte Sie gar sehr diess Schriftchen mit grosser Sorgfalt zu
lesen, mich dünkt es bekommt gar Manches in ihrer Petition nicht nur
grössere Aufklärung, allgemeinen und grösseren organischen
Lebenszusammenhang, wie überhaupt einen festeren Hinterhalt. Mir ist
das Schriftchen für meinen und unseren Zweck ein wackerer Vorläufer
und Bahnbrecher denn es zeigt
theoretisch
als unrelässlich [sc.: unerlässlich] nothwendig, was wir praktisch
ganz zur Anwendung von und durch[ge]arbeitet darreichen, so darf der,
der das Ächte will sicher seym [sc.: seyn], es wird ihm zu seine[r]
Ziellerreichung vorzuarbeiten < ? ? ? >[.]
Am
verflossenen Donnerstag den 15
ten /
[LC 82]
Juni nun bin ich wieder von Eisenach nach einer zufällig
fast 7 wöchentlichen Abwesenheit in mein stilles Keilhau zurück
gekehrt. [sc.: gekehrt,] um nun mit allem Eifer und aller Hingabe an
der klaren und möglichst vollkom[m]enen Ausführung unserer
Erzieherversammlung und das [sc.: dem] in der [sc.:
der] derselben zu Verhandelnden zu
arbeiten. Was ich in Brünn da[r]zulegen gedachte werde ich hier
einzuführen suchen und so an einem der Tage ein kleines
Kinderspielfest anzuordnen suchen. Es kommt nun alles darauf an, wie
weit meinen [sc.: meine] Hülfe und meine Mittel reichen. In den
nächsten Tagen gedenke ich nach Saalfeld zu gehen und dort auch die
Sache mit den Saalfeldischen Lehrern, namentlich mit
Morgenroth zu berathen.
----------
Für
Ihren Freund ich glaube Namens
Krell in < ? > [sc.: Mengersgereuth] lege ich
hier die /
[LC 82b]
erste Hälfte des Sonntagsblattes und
einiges Anderes bei. Könnte er sein Herkommen in den nächsten Wochen
bewerkstelligen, so könnte ihm diess wegen des Umfangs des zu
bearbeitenden Gegenstandes von Nutzen seyn. Grüssen Sie ihn und sagen
Sie ihm dass in den [sc.: dem] Maasse wie er für den Gegenstand
früher entwickelnden Kinderpflege u. Erziehung sey, es jeder geworden
wäre, welcher während meiner Reise Gelegenheit gehabt hatte
[sc.: hätte], sich wenigstens etwas mit dem Gegenstand bekannt zu
machen.
Nun Gott befohlen; Grüssen Sie mir alle Freunde und
Freundinnen, vor allenn [sc.: allem] unsern treusinnigen
Langguth. Sagen Sie ihm, er möge vielen
Fleiss auf die Spiele und Beschäftigungen seiner Mädchen verwenden;
es lässt sich dadurch vieles zu deren inneren und Lebensbildung
dadurch erreichen, ich habe [mich] auf meiner jetzigen /
[LC 83]
erzieherischen Wanderung von neuem davon überzeugt und wir
müssen alles dazu beitragen, dass wir durch die Mädchen und
Jungfrauenwelt die Frauen und Mütter erheben, nur durch ein ächt
deutsches wirkliches Geschlecht erhalten wir eine wahre und tüchtige
Begründung ächten, frohen, frischen, freien, edlen deutschen
Volkslebens und zu jenen [sc.: jenem] könnt Ihr Zöglinge und jungen
Männer wieder viel beitragen.-