Fast fürchte ich, daß mich die Zeit
über-
eilt hat und dieser Brief nicht in
Liebenst[ein]
ankommt um Dich an Deinem Lebensfeste
welches
zugleich ein Fest des reinsten Seelen-
lebens für mich ist, von
mir aus dem treuesten
Gemüth herzinnigst zu begrüßen und Dir
mei-
ne aufrichtigsten und tiefgefühlten Her-
zens Wünsche
für Deinen allseitigen
Lebensfrieden auszusprechen.
Frieden
des Herzens umfaßt meiner Überzeu-
gung nach alle
Wünsche, die Erfüllung aller
Wünsche und Forderungen des
Lebens;
denn die Erringung und Festhaltung
wahren
Lebensfriedens erfordert erfor-
dert [2x] Freiheit des Geistes
und Gemüthes
wie Beherrschung des Lebens. Herzens
Frieden
giebt aber auch Lebensfreudig[-]
keit; darum erkennt mein, durch
Dein
mir /
[127R]
Geborenseyn
beglücktes Gemüth zu ächter Feier
Deines Geburts- und
Lebensfestes kein höheres Gebet:
als daß unser aller liebend
leitender Lebensurgrund,
welchen wir menschlich den Guten, so
Gott und Vater
nennen, weil wir als Menschen nichts Höheres als
die-
ses beide kennen, - daß er
Dir allseitigen
Lebensfrie[-]
den schenken möge. Und mit diesem Gebet werde
ich
mit meinem ersten Erwachen am 15
en den
mir fest-
lichen Tag beginnen, hoffend der liebende Vater
wer-
de ihn uns erfüllen, freilich überzeugt, daß dieß
nur
geschehen kann wenn wir dazu die Bedingungen
in uns tragen; denn
daß uns gegeben werde hängt eben
so lediglich von uns ab, wie wir
etwas, was uns gege[-]
ben werden soll annehmen müssen, wenn wir
es em-
pfangen sollen. Du schreibst mir mein theures,
prü-
fendes Herz ganz recht: - wir müssen noch unvollkom-
men
seyn, weil uns das Leben unsere besten Wün[-]
sche so
unvollkommen erfüllt. Siehe durch dieß Dein
liebend Leben
theilendes Wort habe ich selbst in mei[-]
nem Leben Manches
erkannt, worauf sich Dein
richtiger, wenn auch noch unklarer
Lebenssinn beziehen
kann. Darum lasse uns in innigster
vertrauender /
[128]
h
gegenseitiger Lebenseinigung das Leben, unser Leben
zu der
Vollkommenheit und Reinheit erheben die unser
Geist ahnet und die
unserm Gemüth und Herzen Be-
dürfniß ist. Dieß wird weiter der
Vorsatz seyn mit
welchem [ich] in mir die Feier Deines, und durch
Deine Liebe
zugleich meines Lebens- mir höheren Geburtsfestes
feiern
werde. Und ich bin tief in mir überzeugt, auch
hierin
werden sich unsere Herzen, Geister und Vorsätze
ein[-]
ander begegnen.- So Heil und Seegen diesem Tag!-