Mein
geliebtes, geliebtes Kind! Vor einem Jahr kamst Du und glaubtest mich
aus einer Gefahr zu erretten. Es war etwas Großes, und doch war es
nichts. Denn diesmal hast Du mich vom wahren Abgrund errettet. Wie
mußt du selig sein, daß Dein Leben solcher Steigerungen fähig ist!
Mein ganzes Schicksal scheint gemacht, um zu zeigen daß
Du größer, reiner, edler bist als ich, der
ich nach dem Höchsten strebte. Alles ist Veranstaltung gewesen für
diese Offenbarung. Meine Not, der Tod der
unglücklichen Frau, die nicht sterben konnte, ehe Du kamst, mein
negativer Vortrag – das alles scheint mir nun die sinnvollste
Einheit. Durch
Dich mußte ich dies alles
erleben, um nun zeugen zu können: es gibt kein kaltes Schicksal,
sondern alles ist zum Guten. Ob es durch
mich[2]
| in die Welt kommt, ist ohne
Belang. Aber wenn mir die Zunge Kraft behält, will ich diesem Glauben
dienen: alles ist Fügung; es gibt kein Schicksal, sondern nur
Bestimmung. Und so geleite dich, mein teures Kind, in die Heimat dies
Gefühl, daß Du mir das Schönste brachtest, was die Welt hat:
Vertrauen zum Guten, das weiter wachsen wird und wirken. Erinnere
mich daran, wenn ich schwach werde. Noch stehe ich wie geblendet, und
in die Tränen des Abschieds mischt sich der Jubel, so reich zu sein,
so unendlich reich.
Gott segne Dich; denn
daß Gott ist, weiß ich durch Dich.
So gibst du dann wirklich
meine Religionsphilosophie heraus. Es ist in mir, wie lauter
Glockenläuten der Auferstehung. Die alten Märchen bekommen neuen
Sinn. Es ist eine Lust zu leben.