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Neubabelsberg, Bergstr. 3, 6 Uhr.
9. Mai
1916.
Liebste Freundin!
Eben
kommt dein lieber Brief. Ich hätte das Bedürfnis, wie schon beim
Abschied, Dir unendlich viel zu sagen. Aber es ist über alle Worte,
und im Augenblick muß ich eilen, daß Dich diese Nachricht noch
erreicht.
Riehls und ich freuen sich, wenn Du morgen
[über der zeile] Mittwoch zu uns kommst. Ich
empfehle Dir, um 3 Uhr 3 zu fahren. Du bist dann um 4 hier. Wir haben
vor dem Tee eine Stunde für uns, oder nachher. Rückwärts müßtest du
etwa den Zug 7.19 erreichen. Ich komme Dir, wenn es das Wetter
erlaubt, <Wortteil gestrichen:
unleserlich> ein Stückchen entgegen. Du erinnerst Dich:
die lange
Kaiserstr. am Rathaus vorbei bis zu
der Stelle, wo rechts der Zugang zur
Dampferhaltestelle Bergstraßenbrücke ist. Dort
gehst Du links gegenüber in die Höhe zur
Bergstr. Bist Du zu müde oder ist das
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Wetter schlecht, so fährst Du mit dem Dampfer bis zur Station
Bergstraßenbrücke und gehst dann ebenso.
Herzlichen Dank für
die Brotkarte. Man soll hier die polizeiliche Anmeldung verlangen:
das würde heißen: Umschreibung in ein andres Armeekorps und
Einziehung innerhalb 8 Tagen. Mitzubringen bitte ich Dich außer den
Couverts nur 1 Dutzend Bremer Börsenfedern F.
Die Post, die
sonst kam, war voll von trüben Nachrichten über Hungersnot allerorten
und unabsehbaren Krieg.
Hier sorgt man rührend für mich, auch
unter großen Mühen und Schwierigkeiten. Ich halte mich vorläufig noch
viel im Hause. Aber vom gegenwärtigen Leben und von der Zukunft
mündlich.
Frau Riehl
grüßt Dich herzlich und freut sich, daß Du kommst. Ich bin mit
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| meiner ganzen Seele bei Dir und danke Dir aus tiefstem Herzen
für das, was Du mir bist.
In treuer
Liebe
Dein
Eduard.