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13.XI.19.
Liebste Freundin!
Ich habe nie ein Wort
davon gehört, daß zum Reisen nach der Sperre ein Erlaubnisschein
nötig ist. Um aber Dein Mißfallen nicht weiter zu erregen, füge ich
eine Bescheinigung bei. Natürlich kann es Dir passieren, daß bei
später Ankunft der Fahrkartenverkauf schon geschlossen ist; dann mußt
Du einen späteren Zug nehmen; aber nicht über Halle, das ist unpraktisch.
Wenn Du 11.35
ankommst, kann ich am Bhf. sein. Ich muß aber um 12 Sprechstunde
halten. Im übrigen liegen wenige Prüfungen vor. Insofern passen die
Tage ganz gut. Natürlich ist anderes genug. Eine Garantie, daß ich am
22. nicht reisen muß, kann ich nicht übernehmen. Es wäre ja auch
nicht das Schlimmste, wenn Du Dich am Sonnabend
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| und
Sonntag hier ausruhtest. Du kannst aber auch am Montag den 21. auf
dem
Zentralinstitut für Erziehung u. Unt:
Potsdamerstr. 120 im Bureau in m. Auftrage fragen, ob eine
Sitzung des
Ausschusses für Abfassung der
Denkschrift über Lehrerbildung geplant sei.
Inzwischen
kam Dein großes Paket mit dem Bilde v. Potsdam (?), das schon immer meine Aufmerksamkeit
erregt hat und mit dem Du mich sehr erfreut hast. Was es eigentlich
darstellen soll, ist mir immer noch nicht klar. Auch für das schöne
Briefpapier danke ich Dir herzlich.
Wie ich mich über Dein
Kommen freue, habe ich schon im letzten Brief ausgesprochen. Die
Änderungsbedürftigkeit Deiner Lebensweise bleibt aber auch eine
entscheidende Wahrheit, und wir werden uns eingehend darüber
unterhalten müssen. Ein Dienst
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|mädchen findest Du bei uns
nicht, dafür eine sehr fromme und sehr beschränkte Dame, die aus
wohltätiger (?) Absicht zu diesem Zwecke mißbraucht wird. Sollte ich
nicht an der Bahn sein können, so gib Dein Gepäck dem Eiljäger, (wenn
Du die
rechte große Haupttreppe
heruntergehst gleich rechts unten neben der Treppe) Es kommt dann am
nächsten Tage noch nicht, weil Feiertag; also richte Dich ein. Die U
heißt jetzt Nr. 10. (bis
Kronprinzstr.)
Gern höre ich, daß Du Dich von den Strapazen etwas erhost. Von
Berlin mußt Du mir noch Näheres erzählen.
Reise glücklich und sei herzlich gegrüßt.
in
aufrichtiger Vorfreude
von Deinem
Eduard.
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<Stempel des Instituts der Universität
Leipzig>
Leipzig, den 13. November 1919.
Fräulein Käthe Hadlich aus Heidelberg hat in geschäftlichen
Angelegenheiten des Instituts für Erziehung, Unterricht und
Jugendkunde in Leipzig zu tun. Die Reise ist als dringlich zu betrachten.
Prof Dr. Eduard
Spranger
Direktor des staatlichen Instituts
für Erziehung,
Unterricht u. Jugendkunde
in Leipzig.