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Heidelberg. Weihnachten 1924
Mein über
alles geliebtes Herz.
Ich grüße Dich – zum
erstenmal als Mitglied der Akademie, aber doch wie immer, mit der
alten Innigkeit. Wie habe ich mich über die Nachricht gefreut; das
ist mir das liebste Weihnachtsgeschenk! Es ist etwas Eigenes um diese
ehrwürdige Tradition. Du weißt es, ich bin immer sehr stolz auf Dich,
u. äußere Ehrungen nehme ich nur als selbstverständlichen Tribut hin.
Aber es freut mich doch, daß die Kollegen es einsehen, was sie an Dir
haben!!
Meine kleinen Gaben kommen hoffentlich rechtzeitig bei
Dir an. Hier erscheint nur übliche Kalender. Er ist von A bis Z
Handarbeit, u. ich habe viel Liebe hinein gezaubert. Du wirst es
fühlen beim täglichen Gebrauch. Am Schnitt siehst Du, was oben ist.
Denn das Schild auf die Vorderseite zu pressen, dazu reicht mein
Werkzeug nicht. – Im Packet ist nun endlich der richtige
Möricke, so wie ich
ihn mir im Sommer gewünscht hätte.
(Den andern bitte ich dich, mir wieder zu zustellen. Aber nicht
vergessen, ja?) Das Tannenkränzchen ist so zierlich u. leicht, das
hänge nun diesmal auf den feinen Draht an Deine Hängelampe, bitte!
Ich habe es versucht, es geht tadellos. Das Immortellenkränzchen ist
natürlich für das liebe Bild der
Mutter. – Der Kompaß wird nun hoffentlich auf manch
schönen Wanderungen begleiten u. Ratgeber sein, wenn Zweifel
entstehen. Oder kommt das nicht vor? Ich weiß es wohl, daß man Deiner
Führung vertrauen kann, Du mein lieber Stern- u. Lebensdeuter! In dem
Büchlein von
Boll[2]
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ist mir manches oft gehörte Wort erst in seiner Beziehung zum
gesamten Geistesleben klar geworden. Besonders
schön finde ich das Schlußkapitel. Schlips u. Gelee finden wohl ihre
Verwendung, die Probestückchen des Selbstgebacknen werden vielleicht
trotz der Zähne versucht u. die Schokolade soll mal aushelfen, wenn
Du unterwegs eine Stärkung brauchst. Sie ist aus der
Schweiz von der guten
Frau von Donop. – Das ist alles
– lauter Kram. Wirst Du fühlen, was es Dir sagen soll? Ich hätte gern
den Kalender schöner verziert, aber ich bin so in Rückstand gekommen
durch den Hexenschuß. Ein andermal werde ich gleich Atophan nehmen.
Das hat mir prachtvoll geholfen. Auch das Ohr ist – ohne Arzt –
besser geworden. Es war gerade die höchste Blüte als ich Dir schrieb.
So hoffe ich werden wir ein gutes Fest verleben. Wir stecken unser
Bäumchen leider schon am 23. an, weil
Aenne ja immer auf den
Hemshof geht. Ich werde sie diesmal begleiten.
Dich werden meine Gedanken in
Neubabelsberg suchen. Das wird eine wehmütige Feier
sein. Hoffentlich ist doch
Frau
Riehl wieder gesund? Wenn Du daran denkst, grüße sie sehr von
mir. – Auch wen Du sonst von Freunden siehst in dieser Zeit lasse ich
herzlich grüßen, so vor allem
Dora
Thümmel. – Dein gewichtiges Packet wird unter dem Lichterbaum
geöffnet. Ich wollte – es wäre was Kunstgeschichtliches darin, daß
ich diese Lücke ausfüllen könnte u. es mit Dir studieren! – Als ich
den
Möricke kaufte, fragte ich,
ob man auch hier Dein Buch eifrig bestelle. Das Fräulein sagte: Das
ist ein berühmtes Buch, wir hatten verschiedene Vorausbestellungen
für die neue Auflage." Also wir können zufrieden sein! – Und nun sei
mir vor allem gesund, mein berühmter Liebling, u. mache Dir ein paar
richtige, gute Ferientage. In immer gleicher Liebe