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Heidelberg. 9. August
1931.
Mein Liebstes,
als wir
heute morgen im Begriff waren, zu dem Auto nach
Wilhelmsfeld zu gehen, kam Deine liebe Karte, die
ich erst unterwegs lesen konnte. So ist die Anfrage nach
Schönwald erst zwischen 7 u. 8 Uhr abends in
den Kasten gekommen. "Wir" (heißt
der
Vorstand,
Bertha v. A.
und ich) sind wie gewöhnlich auf die Höhe gefahren, haben oben teils
gesessen, teils gewandert, aßen auf dem jetzt sehr guten
Schriesheimer Hof sehr gute Pfannkuchen mit
je ¼ Wein! und trennten uns dann, indem der Vorstand zurück fuhr und
wir andern durch das
Schriesheimer Tal zur
Strahlenburg gingen. Dort gabs herrliche
Aussicht und guten Kaffee. - Den ganzen Tag waren meine sorgenden
Gedanken bei den Vorgängen in
Preußen und ich
warte mit Ungeduld auf eine Nachricht. Wenn
Adele Henning nicht den
Rundfunk abgeschafft hätte, würde ich zu ihr gehen, um zu hören.
Vielleicht wird in der
Hauptstraße ein
Telegramm ausgehängt. Ich werde nachsehen, wenn ich diesen Zettel
wegtrage.
Daß Du
Heidelberg absolut
schneiden willst, betrübt mich. Ich hatte so drauf gehofft, daß Du
wenigstens doch bis zum nächsten Morgen bleiben würdest. Irgendwie
aber hoffe ich sehr, Dich doch sehen zu können. Vielleicht sind unsre
Besorgnisse, daß eine Reise unmöglich wird, umsonst.
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Eigentlich habe ich keine Vorstellung, wie es zu Unruhen kommen
könnte, da ja die Kommunisten diesmal mit dabei sind? Aber vielleicht
- wenn die nötigen Stimmen erreicht werden sollten?
- Hier war
der Sonntag wie sonst. Ich weiß nicht, ob ich mich darin täusche,
aber mir scheint doch bei allem eine
gehaltenere Fröhlichkeit. Man geht ins Freie, trinkt auch
mal ein Glas, aber man sieht, daß es bescheiden bleibt. Die Lokale
klagen auch alle und gehen in den Preisen zurück. Von
Frau Frommherz hatte ich einen
förmlich wehleidigen Brief. Und der
silberne
Hirsch soll bankrott sein!
Hoffentlich ist der
Aufenthalt in Wilh. Höh nicht so anstrengend,
und auch etwas Naturgenuß dabei! Wenn die Witterung dort ebenso
umschlug wie hier, dann wirst Du es richtig kühl finden.
Also
ich komme am Dienstag 16.28 an den Zug, um Dich wenigstens zu
begrüßen, und Deine weiteren Pläne zu hören. Hoffentlich klappt alles
- das wünsche ich nicht nur um meinetwillen, sondern im allgemeinen
Interesse. Vor allem aber hoffe ich für Dich auf eine ungestörte
Erholung.
Mit den herzlichsten Grüßen
Deine
Käthe.