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6.IX.34.
Mein innig Geliebtes!
In der Bahn habe
ich mich zunächst ziemlich apathisch verhalten; auch bei der
Durchfahrt durch
Heidelberg. Hinter
Eisenach erschien plötzlich die
unvermeidliche
Arnthal. Wir
saßen im Speisewagen. Dabei bewies sie in Bezug auf die neuen Dinge
ein so weitgehendes persönliches Interesse an Dir, daß ich es
undelikat fand und mit Schweigen beantwortete.
Hier sind die
meisten Zimmer "in Arbeit." Ich kann nicht leugnen, daß es mich
deprimierte, in einer Zeit, in der man ständig vor dem beruflichen
Abbau steht, nun gerade einen so sichtbaren häuslichen Aufbau und
Ausbau vornehmen zu müssen. Das wird ja vorübergehen. Aber
alles drückt mich nieder, was ich lese, was
ich sehe, was ich tue. Jedes kleine Vorkommnis, das an mich
herangelangt, atmet irgendwie einen Hauch von unsauberem Geist.
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Ich muß jetzt gleich in die Stadt wegen der
verfehlten Devisengeschichte. Nur mit einem kurzen innigen Wort
möchte ich Dir danken, für diese Tage, die so still und schön waren,
wie sie es unter den allgemeinen Verhältnissen nur sein konnten.
Mögest auch Du ein wenig innere und gesundheitliche Stärkung
mitgenommen haben!
Die Last der laufenden Geschäfte, die hier
aufgestapelt auf Erledigung warten, ist unbeschreiblich groß. Dabei
waren es doch nur knapp 14 Tage "Erholung." Ich sehe nicht, wie ich
in den wenigen Tagen vor der neuen Abreise auch nur an den Vortrag
denken, geschweige ihn machen soll. Überhaupt: es ist mir alles mies,
und am liebsten ginge ich aller Öffentlichkeit aus dem Wege.
Petersen bietet mir einen
Schillervortrag in
Bochum und
Duisburg
an, der sehr gut honoriert wäre. Aber ich danke - für honor und
Honorar. Jetzt herrscht doch nur die Phrase.
Bist Du gut
heimgereist? Fandest Du alles in Ordnung?
Innigste Grüße
Dein
Eduard.