Sonntag, 7.7.35. M.L! An kleinen
Symptomen merkt man das Versinken der Welt, in der man gelebt hat,
deutlicher als an großen. Gestern sah ich auf dem
U.-Bhf. Potsdamer Platz ein Riesenbild der Insel R
mit der Aufforderung: Gesellschaftsfahrten mit 8 Tagen Aufenthalt: 88
M. Links: "Die Insel der köstlichen Verpflegung." rechts: "Die Insel
der guten Küche." - - Bei
Brosius ist, wie gewöhnlich, alles unsicher. Mir
geht es mit Nerven etc.
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| nicht gut. Ich merke nun doch das
in Jahren entstandene Minus, habe aber keine psychischen
Regenerationsquellen. Der elektr. Sturm am Donn. hat mir recht
geschadet. - Ich lese trotzdem fleißig Mss, aber jeden Tag kommt
(buchstäblich!) ein neues.
Marja hat recht entwickelte Masern. Das zu Neujahr
war "Scharlachverdacht." Am Do. waren wir in
Potsdam. Die 7 von der jungen Generation sind mir
ein ungewohntes Bild.
Sus. war
gestern mit ihnen u. ihren Schwestern im Zo. Heute kommen vermutlich
die
4 Frankes zum Kaffee. Dienstag ist
dann mein Stadtausflug. - Wir waren auch bei
Frau v. Sydow, der
Herausgeberin der Briefe, am Tage nach der Beerdigung
des Gatten. Sie wünschte m.
Hilfe gegen Verunglimpfung des Ehepaares
W. u.
C. v. Humboldt. - Deine schofle
Auslegung meiner Sendung gehört wohl auch zu den Zeichen der Zeit.
Näheres folgt im Brief. Heut ist m. Kopf zu benommen. Ich höre mit
großer Betrübnis, daß eine Badekur wieder
nötig ist. Möge sie Erfolg haben! - Heut langer
Brief von
L. Lampert - immer
halb. Das ist wohl
Württemberg. Oder - auch
Furor der Organisation? Für heut nur diesen Zettel u. viele innige
Grüße. Dein Ed.