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Heidelberg. 16. Juli
1935.
Mein geliebtes Herz!
So
froh mich Dein voriger Brief gemacht hatte, so sehr bestürzt mich der
heutige. Was habt Ihr nur gegen den Schwarzwald mit seiner kräftigen Luft? Ist denn
Kohlgrub, das noch so weit von den
eigentlichen Bergen liegt, empfehlenswerter? Immer wieder hört man
hier auch die Halde empfehlen, das solch
besonders gute Wirtin haben soll und warum seid Ihr von
Todtmoos abgekommen? - - Wenn Ihr schon da
nach Oberbayern geht, dann wäre schließlich
doch das erprobte Partenkirchen noch besser!
Aber - es ist schlecht zu raten und besonders aus der Ferne.
Und noch mehr bekümmert mich Deine gedrückte Stimmung. Das ist
natürlich Erschöpfung, da Du die lange, pausenlose Arbeitszeit
gewaltsam noch fortsetztest, anstatt die Sache rechtzeitig
abzubrechen und erst an die Erholung zu denken und dann wieder an die
Arbeit zu gehen. Fange doch wenigstens jetzt damit an in der guten
märkischen Luft viel den Wald aufzusuchen, ablenkende Lektüre,
freundliche Unterhaltung, keine gewohnte geistige Luft! So hat sich
der
Ursenbacher mit Erfolg
behandelt, dem es ähnlich ging. Das ist keine Alterserscheinung, das
ist nur vorübergehend und wäre überwunden, sowie das Klima gewechselt
hätte. Das könnte nämlich Wunder tun und darauf hoffe ich.
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Wenn es irgend einzurichten wäre, so möchte ich Dich
doch bitten, lieber einmal wieder nach Heidelberg zu kommen. Es hat ohnehin ja schon so
viel von seinen Vorzügen eingebüßt, daß ich Dir dankbar wäre, wenn Du
ihm wieder einmal zu seinem alten Recht verhelfen wolltest. Mir ist
es etwas anders, Dich irgendwo zu treffen, oder mit Dir hier in
meiner Umgebung zusammen zu sein, so sehr auch das Zusammensein die
Hauptsache ist.
Auch hier spricht man mehr von
Gewitterstimmung, als bis jetzt greifbar vorhanden wäre. Das kann
sich noch gut so hinziehen, ehe es zum Ausbruch kommt. Immerhin
steigern sich die Anzeichen. - - Also am 3. August erwarte ich
Brosius und freue mich, daß er
nun bestimmte Aussicht auf das Unterkommen im
Markenhof hat. Ich werde mich bemühen, ihn zum
Reden zu bringen. - Heut war ich mit
Adele auf der
Thingstätte,
um diesen Wunderbau auch mal zu sehen. Der
Architekt ist natürlich ganz
Original, aber man hat durchaus den Eindruck eines antiken
Amphitheaters. - Danach habe ich bei Adele gegessen und auf ihrem
Sopha geschlafen: 2½ Std ohne aufzuwachen, so müde war ich! Du siehst
also, andre können das auch und haben nicht
das Recht dazu durch treue Arbeit! Die Bäder greifen halt auch an. -
Liebes Herz, laß die Verstimmung nicht Herr bleiben über Dich, es
gibt noch andre Dinge zu erleben. Und der Krug geht nur so lange zu
Wasser, bis er bricht! Er scheint manchmal schon am Überlaufen.
Sehr, sehr herzliche Grüße von
Deiner
Käthe.