[1]
|
Heidelberg. 19. Juli
1935.
Mein geliebtes Herz!
Morgen werde ich für den Nachmittag mit
Rösel nach
Schönbrunn
fahren, und am Dienstag verreist sie für 3 Wochen - nach
Hinterzarten und
Todtnau. Wie stehts dann mit Euch? Ich wollte, Ihr
hättet Euch für
Todtmoos entschieden. Nach
dem Prospekt, den Ihr ja sicher auch habt - ist es lieblich wie
Herrenalb, aber viel höher gelegen und
waldreich. Ihr könntet so gut auf der Hinfahrt bei mir übernachten
und das Hotel sparen, so macht die etwas weitere Reise nichts. Und
ein Doppelzimmer ist immer viel leichter zu haben, sodaß Ihr gewiß
ein Unterkommen dort fändet. - Am Dienstag wird auch
Adele für 3 Wochen in die
Schweiz gehen, wo sie mit ihren Söhnen den
80. Geburtstag feiert. D. h.
der
Danziger wir währungshalber
nicht dabei sein, und der Geburtstag
ist in Wahrheit erst am 1. Oktober! - Da wird es ungemein still hier
werden, und nur die Reiseunfähigen bleiben zurück!
Bertha v. Anrooy hat sich für
eine Woche angemeldet, ich weiß aber nicht wann. Sie wird dann zu
der geb. Landfried gehen. -
Heute steht in der Zeitung, daß
der
Führer die Professoren
Liebmann u.
Rosenthal auf ihren Antrag von den amtl. Verpfl.
entbunden hat. - Bei den Juristen ist es vermutlich schon geschehen.
-
Alles steht hier im Zeichen der Thingspiele, die
mitwirkenden Arbeitsdienstler kommen meist nachts
[2]
| nach 11
Uhr auf 3 schweren Lastwagen laut singend von den Proben zurück durch
die
Rohrb. Str. - Auch auf dem Schloß sind
häufig Festspiele. Lockt Euch das garnicht? Man sollte mal so tun,
als wäre das alles wichtig und alles andre abschütteln!
Die
Bäder machen mich noch recht müde, und die Steifheit ist natürlich
noch nicht weg. Aber ich habe das Gefühl, daß sie beleben und den
Organismus anregen. Du willst es vielleicht auch mal mit Bädern
versuchen, daß Ihr an Kohlgrub denkt? Sonst
warst Du doch nicht für übertriebenen Wassergenuß!
Im Gedanken
an eine baldige Aussprache will das Schreiben garnicht mehr gehen.
Aber hören würde ich gern bald, wie nun die Entscheidung gefallen
ist!
Grüße
Susanne herzlich und sei selbst sehr
gegrüßt von
Deiner
Käthe.