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Dahlem, den 24.III.36.
Mein innig Geliebtes!
Gestern um 10 sind wir von Marienbad
abgefahren, um 6 waren wir hier, und abends habe ich noch eine
Konferenz zur Vorbereitung des Oxforder Freundschaftstages der
Kirchen 1937 besucht.
Seit dem 13.3 (dem lieben Doppelbrief
an
Susanne u. mich) fehlen mir
Nachrichten von Dir. Ich habe Dir aus
Olmütz
ausführlich geschrieben u. dann noch eine Ansichtskarte aus
Marienbad. Sammelsendung meiner Post nach
Marienbad vom 20.III. ist bisher weder dort angelangt noch hierher
nachgesandt. – Ich bitte Dich, mir umgehend eine Karte zu schreiben,
wie es Dir geht. Auf die
Grenzen braucht
man ja jetzt keine Rücksicht mehr zu nehmen.
Am Sonntag vor 8
Tagen trafen wir in
Prag ein u. wurden von
Ottos empfangen. Kurzer Spaziergang in der
Dämmerung. Abends im Deutschen Hause. Montag Karten beim
tschech. Minister u. beim
Gesandten abgegeben. Gespräch
mit
Botschaftsrat von Stein.
Radschin von außen.
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Nachm. 6 – ½ 7 bei
Eisenlohr u.
Frau. Er hatte einen besonders
schweren Tag u. unterließ auf m. Bitte den Besuch m. Vortrages. Um 8
Vortrag in der deutschen Un., Aud. Maximum überfüllt (ca 300–350
Leute.) Warme Aufnahme. Abends wir beide allein in
Bahnhofsrestaurant. Dienstag 1 Stunde mit
Badearzt Schleß aus
Marienbad zusammen. Sonst gearbeitet für den
Vortrag bei den Tschechen. Der junge Mann, der mich um ¾ 7 abholen
sollte, kam zu spät. Also allein hingefahren. Der tschechische
Rektor Friedrich u. der
Fachkollege freundlich. Begrüßung durch einen Ministerialrat "
Sekretär v.
Masaryk". Sprach ganz gebrochen
deutsch. Auditorium ⅔ gefüllt (ca 200 Leute.) Während des Vortrages
ununterbrochen Kommen u. Gehen, Plätzewechsel, fast wie Sabotage.
Kostete m. ganze Nervenkraft. Andre hörten sehr aufmerksam zu.
Beifall stark.
Dann Tee bei Ottos. (Gehrat
Cermak, Schwiegersohn v.
Penck,
Cysarz,
Gesemann,
Hüttig u. a.) Am Mittwoch kl.
Stadtbummel. Um ½ 2 Diner bei
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Otto. Ich saß neben dem
deutschen Rektor; außerdem
anwesend die Fachkollegen
Utitz,
Kraus,
Botschaftsrat v. Stein u. a. Um
¾ 7 abgefahren, von Ottos auch an der Bahn noch betreut u. mit 500 Kč
leihweise ausgerüstet. Um 10 in Marienbad. Angenehmes, ruhiges Hotel,
sehr billige Preise. Alles andre noch geschlossen. Aber 4 Tage
Sonnenschein, herrliche Luft, so daß man vielfach draußen sitzen
konnte, obwohl im Walde noch Schnee lag. Wir besuchten ein paar
Hauptpunkte (Königswart, Alm, Nimrod u.s.w.) Viel Dankbriefe
geschrieben. Ein wenig ausgeruht.
Hier empfing uns ein
sehr liebenswürdiger Antwortbrief auf m.
Dankbrief v.
Mackensen u.
Frau; die
K. Hermine hatte zum 10.III.
eingeladen. Der größte Teil der
Geschr. Post ist
heut früh schon erledigt. Nachm. kommt
Frl. Gruner. Am 2.IV. beginnt das Semester. Und
wirklich ist heut schon – das Vorlesungsverzeichnis erschienen.
Wie geht es mit
Hermann?
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| Hast Du noch zu zeichnen? Was macht
der Vorstand? Und die
Hauptsache: Deine Gesundheit?
Welch Kontrast zwischen unsrer
stillen
Reichenau u. dieser Reise! Aber
vielleicht wäre die Reichenau jetzt auch nicht das Richtige fürs
Gemüt. Und man muß ja diese Hebel planmäßig benutzten. Mein Ruf ist
auswärts doch sehr groß, und alles atmet Sympathie. – Hier ......
......
Louvaris ist seit dem
14.III. Kultusminister. Andere bringen es also weiter.
Nun
geht es wieder in die Arbeit und – in die ernste Überlegung wegen
Tokio. Es wäre eine letzte große Gelegenheit,
den Horizont zu erweitern und die ganz schwach gewordene Position zu
verbessern. Auch Gelegenheit, für Deutschland
nachhaltig zu wirken. Andererseits eine sehr schwere Schwelle
..........
Ich gedenke Deiner immer und warte ungeduldig auf
hoffentlich gute Nachricht.
Susanne grüßt vielmals. Ich bin mit innigen Grüßen
u. Wünschen
Dein
Eduard.
[li. Rand] Strasens ziehen am
Sonnabend. Bisher kein Ersatz.
Am 1.IV.
ein neues Mädchen. – Am 8.IV.
Mittwochsgesellsch. bei mir.