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[re. Ecke]
Heidelberg. 18. Juni 1937.
Mein
geliebtes Herz!
Zu schreiben habe ich heut
eigentlich nichts - aber der Wunsch, Dir einen Gruß zu senden, ist
immer da, und da morgen Posttag ist für die Sibirienbahn so schreibe
ich eben - nichts! Zunächst vor allem innigen Dank für den lieben
Brief vom 22.-26.V aus Kyoto-Tokyo. Inzwischen bist Du viel in Japan umhergereist - Sendai
- Niigata - Nagoya -
Hiroshima - lange Bahnfahrten und fortwährend
Vorträge etc. - - hoffentlich aber auch mit wertvollen und wichtigen
Eindrücken für Dich selbst. Und morgen ist nun das Jubiläum des
Instituts! Das wird gewiß seine besondere Note durch Dich erhalten.
Ich aber denke schon bei allem an Eure Rückkehr und bin gespannt, wie
dafür die Termine liegen.
Hoffentlich hast Du die störenden
Druckgefühle im Ohr jetzt wieder verloren. Eine empfindliche Stelle
waren die Ohren von je bei Dir; Du brauchtest doch immer Watte als
Schutz bei starkem Wind. Daß der höfliche Japaner Dir von "seniler
Schwerhörigkeit" sprach ist ja köstlich. Und mit gewohnter
Übereinstimmung habe ich mir gleichzeitig vom Arzt versichern lassen,
daß mein Haarausfall nur eine Alterserscheinung ist! Aber bei mir ist
es natürlich, bei Dir bin ich dann doch entrüstet. -
Vermutlich wäre es viel einfacher, wenn Du von
Hieroshima
gleich nach
Korea gehen könntest. Wird es von
Tokyo-Yokohama aus ganz per Schiff gemacht? Ich bin
erstaunt,
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| und frage mich, was wohl diese Reise bezweckt?
Sind dort deutsche Schulen? Für Dich jedenfalls wird dort wieder ein
wesentlich anderes Bild zu sehen sein.
Bei uns ist inzwischen
die abnorme Hitze durch ebenso schroffe Abkühlung abgelöst worden.
Vorher, solange man dauernd in Feuchtigkeit schwamm, habe ich mich
noch ziemlich erkältet. Denn plötzlich setzte
immer ein starker Wind ein, der durch die dünne Bluse abscheulich
kältete. So bin ich jetzt um die Rippengegend
ziemlich rheumatisch.
Aber jetzt ist ja die "Erholungsreise"
in Sicht:
Berlin,
Stolp,
Pommern,
Rügen - - "wir werden ja sehen". Denn
eigentlich entschließe ich mich schwer zu dieser langen Fahrt unter
der heutigen schwülen Atmosphäre. Aber wenn man auf garantierte
Sicherheit warten wollte, so könnte man lange warten. Deshalb freue
ich mich auch darüber, daß ich auf meine Eingaben um Renten jetzt die
Zusage habe: für den Rest der Staatspapiere jährlich 90 M, und für
die Invalidenmarken monatlich 23,50 M. - Wenn
ich dann auch noch weiter etwas dazu verdienen kann, ist es doch
immerhin ein Zuschuß. Es tröpfelt doch immer
so weiter mit den Aufträgen. Allerdings sind auch die Ausgaben in der
Stille gewachsen und wenn nicht die Preiskontrolle wäre, würden sie
wohl unheimlich steigen. - Ich denke also zu reisen und habe
vorläufig den 28. Juni dafür in Aussicht genommen. Für pünktliche
Postbestellung werde ich Sorge tragen. Du schreibst, daß Ihr vieles
nur bruchstückweise erfahrt, aber so geht es allen. Und mir fehlt
erst recht die
Möglichkeit, Dir die Lücken
zu ergänzen. Da muß man Fatalismus oder - Gottvertrauen haben. - Ich
bin gespannt, was und wann in Deine Hände kommt, was ich zum 27.
sendete: (Erst nach
Tokyo Brief u. bl. Buch
am 4.VI. und dann nach
Korea Brief u.
Ansichtskarten am 8.VI.)
Der
Vorstand ließ sich auch von mir eine Karte geben, aber es war
verspätet.- Für heute nimm vorlieb
<li. Rand> mit
vielen herzlichen Grüßen. Gute Reise! Hoffentlich fährt
Susanne mit.
x [Fuß] x Wenn dieser
Brief ankommt, bist Du freilich schon wieder von K. zurück!
Habt Ihr schon mal an den Nordpolarstern gedacht? Ich habe ihm oft
Grüße aufgetragen. Aber
<Kopf> wir sehen ihn nie
gleichzeitig!! Mit dem Rundfunk scheint es auch nicht zu klappen. Ich
kenne niemand mit Kurzwellenempfänger
<re.
Rand>Deine Käthe.
[li. Rand S. 1] Habe Dank für all Deine lieben
Bleistiftbriefe!