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Heidelberg.
7.II.1941.
Mein geliebtes Herz!
Heute wird es nur ein Briefzettel, denn ich möchte es noch nachher
in den Kasten bringen, damit es morgen früh um 6 mit fortkommt. Ich
hoffe, Du hast die Fahrt nach Dresden ohne
Erkältung überstanden und auch Stettin geht
gut vorüber. Es ist mir eigentlich garnicht recht, daß Du in dieser
ungünstigen Jahreszeit so viel in der Welt herumfährst. Denn
allenthalben spukt die Grippe. Hier sind die Schulen deswegen
geschlossen und es gibt kaum einen Menschen, der sich nicht in
irgendeiner Form damit abgäbe. Ich habe sie nicht, aber seit beinah
14 Tagen einen recht hartnäckigen Husten, der
ziemlich tief sitzt.
Der
Vorstand war also am 1. schon zum Essen bei mir und zum Kaffee
kamen dann die
Töchter Mathy und
Gretel Franz, die
Enkelin. Es war ganz gemütlich und die Damen brachten dann
Aenne wieder nach Haus. Am nächsten Morgen aber fand ich das
Geburtstagskind im Bett und sie hatte starkes Nasenbluten gehabt,
sodaß man
Frl. Dr. Clauß rief.
So mußte sie den Tag im Bett bleiben und alle Besucher wurden
ersucht, sich kurz zu fassen. Am nächsten Tag war sie aber wieder auf
und unruhig wie immer, statt still zu liegen
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| Es geht ihr
aber auch wieder ganz gut und man merkt ihr nichts mehr an, außer,
daß sie ein großes Wärmebedürfnis hat. - Ich war seitdem täglich mal
bei ihr, wenn auch nicht für lange. Und am Sonntag war ich wieder zur
Predigt bei
Pfarrer Maas, der
sehr eindrucksvoll sprach. - Sonst gehen die
Tage einförmig und bedeutungslos dahin. Ich sehe von meinem Fenster
die Wolken im grauen Westen und höre von
Heinz, daß er vielleicht das
Land des
Platon sehen wird.
Otto Kohler ist noch immer
nicht zu Haus und ich fürchte, es wird dann kaum noch lohnen. Denn
dann wird er wieder zurückgerufen werden. -
Sehr oft denke ich
an
Susannes Mißgeschick und
hoffe, daß die Schmerzen bald vorüber gingen. Hat sie nicht den Arzt
gefragt, wenn es so lange dauerte? Man kann sich doch bei einem Sturz
auch einen Knochen verletzen.- Das Hexenschußvergnügen kenne ich ja
ausgiebig. Das wünsche ich ihr wirklich nicht. Grüße sie und sei
selbst mit vielen guten Wünschen innig gegrüßt von
Deiner
Käthe.
[] Für Deine Karte läßt
der Vorstand sehr danken. Ich
brachte ihr die versetzte Siegessäule am Sonntag nachmittag. - Heute
regnet es auf den vergletscherten Schnee, also auch Aussicht auf
Glatteis.