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Heidelberg. 18. Dez.
1941.
Mein liebes Herz,
Du
kannst Dir eine deutliche Vorstellung davon machen, wie abgängig und
verworren ich bin, wenn ich Dir erzähle, was mir soeben klar wurde.
Gemerkt hast Du es gewiß schon an meinem letzten Brief, der
eigentlich ins kleine Packet gesollt hat, und den ich abschickte in
der Meinung, es sei derjenige, den ich noch statt des fälligen
Sonntagsbriefes - schreiben
wollte! Nun
steht das Päckchen heute noch an der verborgenen Stelle, wo es vor der Verwechslung mit
äußerlich gleichem nach
Stolp gestellt war,
und ich dachte, es wäre längst schon bei Euch.
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| Ich bin
reichlich entsetzt, wenn ich auch hoffe, daß es noch nicht
zu spät ist, um am Hl. Abend bei Euch
einzutreffen. Ich war so froh, diesmal alles so rechtzeitig erledigt
zu haben.
Heute nur auch noch die dankende Erwähnung, daß ich
beim Abheben von 100 M. auf der Sparkasse wieder die Überraschung
erlebte, daß das Konto anstatt abzunehmen, um die gleiche Summe
zugenommen hatte. Da hast Du, Lieber, schon wieder geschickt; die
Sparkasse hat es weiter nicht gemeldet. - Eben hat überhaupt das Geld
den Lauf zu mir.
Ruges schickten anstelle
eines geeigneten Geschenkes 100 M für eine Reise. Auf die Rechnung in
der Augenklinik habe ich 47 M zu bekommen. Von der Städt.
Verwaltung
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| erhielt ich von meinem Gasverbrauch beinahe
mehr zurück, als ich an Gasmarken in den Automaten gesteckt hatte -
kurz, es ist ein Überfluß da. Nur -
was
soll man kaufen?!
Ich denke, mir eine neue Brille
anzuschaffen; lasse mich am Sonnabend von
Dr. Cibis in der Klinik genau
untersuchen; denn ich spüre doch, daß die Augen nachlassen. Aber
dagegen wird wohl überhaupt nichts zu machen sein. Ebenso wenig wie
gegen den wirklich unheimlichen Haarausfall.
War Euer
Schnupfen bald überwunden? Mir geht es bis auf den geistigen Defekt
ganz gut. - Wir sitzen heute im dicken Nebel und
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| das
Barometer steigt. So gibt es doch vielleicht noch "weiße
Weihnachten"
Jetzt werde ich das Päckchen noch der Hauptpost
bringen. Ein eigentlicher Weihnachtsbrief folgt noch. Möchte die Welt
"im Innern" Dir Stimmung geben für das schöne Fest der Liebe.
Sei gegrüßt und grüße auch
Susanne herzlich.
Deine
Käthe.