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Heidelberg. 18. Juli
1943.
Mein geliebtes Herz!
Ein
stiller Sonntag geht zu Ende, aber vorher soll doch ein Gruß an Dich,
mein liebstes Herz, abgehen. Gestern fand ich als ein willkommenes
Symbol die schöne Häherfeder, die an unser erstes Zusammensein
gemahnt. Möge sie uns gleich gehaltvolle Stunden auf der
Reichenau verheißen! Sie war die einzige
Ausbeute von unsrer Wanderung nach
Gaiberg,
die uns eigentlich Kirschen einbringen sollte. Aber damit war es
nichts. Doch war bei dem herrlichen Wetter die Wanderung ein großer
Genuß, und die Prosa war durch ein gutes Mittagessen beim "Gaul" und
durch viel Waldhimbeeren an allen Wegen reichlich vertreten. – Daß
meine Sendung an Euch so unbrauchbar ankam, ist mir eine große
Enttäuschung. Die Stachelbeeren waren tadellos, noch nicht ganz reif
und sorgsam verpackt. Alle Leute schicken sie so. Erst
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heute hörte ich bei
Frau Dr.
Deetjen, die viele Obstkörbe so verschickt, daß es gut möglich
ist. Man muß sie wohl auf Eurer Post besonders schlecht behandelt
haben.
Im Übrigen hat sich nichts Wesentliches hier ereignet.
Aber von
meiner Schwester bekam
ich Nachricht, daß
ihr Mann
mit Lungenentzündung im Krankenhaus liegt. Die Krankheit bestand seit
5 Tagen, als meine Schwester schrieb und schien sich zu bessern, denn
das Fieber ging zurück. Leider hörte ich inzwischen noch nichts
wieder darüber.
Auch Arbeit in der Augenklinik hatte ich
wieder. Merkwürdigerweise die gleiche sonst seltene Erkrankung wie
der letzte Fall. Es ist ganz gut gelungen, aber meine Augen nimmt es
doch jetzt recht mit. –
Ich bin dabei,
Beethovens Briefe zu lesen
(
Leitzmann) aber ich komme
langsam vorwärts, weil ich abends immer so müde bin, daß ich bald
einschlafe. Wir haben wundervolle Sommertage und die Welt könnte so
schön sein! Was wird heute Nacht an die Reihe kommen?
<li. Rand S. 2>Mit innigen Grüßen
denke ich Dein und wünsche Euch ungestörte Nächte.
Deine Käthe