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z. Z. Freudenstadt,
Haus
Sonnwärts (am Turm)
den 13. August 48.
Meine einzige Freundin!
Heute Nachm.
sind wir schon eine Woche in
Freudenstadt,
und es hat immerhin 1 regenfreien Tag gegeben, an dem wir in
Zwieselberg gewesen sind. Nachdem ich in T.
noch 1 Tag Ordnung gemacht hatte, sind wir mit dem sog.
"Klinikomnibus" hier heraufgefahren: ab ½ 4, an ½ 6. Es ist alles wie
im vorigen Jahr: viel Franzosen, fast kein Kurgast; im Hause nur 2
alte Lehrerinnen aus
Worms und aus
Gießen. Das Zimmer nenne ich den
Maikäferkasten, in den man 2 Löcher hineingestochen hat. Es
entwickelt in mir keine Stimmung, obwohl man aus dem einen Loch bis
zu dem
Roßberg in der Alb sehen kann, den man
auch von
Tübingen sieht. Der viele
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Regen hat mir erlaubt, einen Teil der Geburtstagsdanksagungen zu
erledigen. Im Zimmer ist es manchmal schon unbehaglich kalt (cf.
1913!). Am Dienstag Nachm. waren
Annemarie Heß und
Haide da. Ein Telegramm sagte den Besuch unsres
Dekans zu "dringender Besprechung" an (
Krüger – es handelte sich um
Heidelberg.) Gestern über Mittag war er hier – 2
mal bei strömenden Regen an den Omnibus. Heute kommt
Dr. Oelrich von
Tennenbronn via
Schramberg.
Morgen wollen wir nach
Alpirsbach. Am Montag
ist
Frl. Silber zu erwarten,
für ca 3 Tage. Da droht eine Schwierigkeit: sie scheint keinerlei
Geld zu haben (trotz franz. Zusagen.) Wir haben aber auch kaum so
viel, um den geplanten Aufenthalt von 20 Tagen hier durchzuführen.
Morgner ersucht um Finanzierung
für das Studium seines
Klaus
etc.
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Auf Ersuchen von
Volkelt jr. habe ich einen ganz
anspruchslosen Gedenkartikel zum 100. Geburtstag des
alten Volkelt geschrieben. Die
Sippe Volkelt konnte ihn bei keiner deutschen Zeitung anbringen; da
bekam ich gestern den Abdruck in der – Neuen Züricher Zeitung. Das
Honorar von 46 Fr. folgt in – Viktualien. Dieselbe Post brachte
freundliche Stimmen aus
Tucomán (Argentina),
Habana,
NewYork etc.
Wie geht es mit Deiner
Hand?
Susanne hat in der Unruhe
des Packens und Disponierens noch nicht für die Hefeflocken samt
lieben Brief gedankt. Die H. war sehr willkommen. Aber jetzt ist sie
auch in
Tübingen zu haben. Überhaupt solltest
Du jetzt Sendungen unterlassen; vorläufig ist auf freiem Markt viel
zu haben, wenn man Geld hat. Zigarren gegebenenfalls nur mit
"Rechnung."
An
Siebeck
habe ich geschrieben, er solle Dir so einen Brief wie im vorigen
Jahr
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| schicken. Die Bescheinigung vom Gouv. Mil. ist kaum
noch nötig. Vielleicht (?) ist sogar ab 1.IX. kein Paß mehr
erforderlich. Eine bequeme Reiseverbindung ist der Zug ab
Heidelberg 13.20. Dann hast Du in
Stuttgart von 16.05 bis
17.05 Spielraum. An
Tübingen 19.30. Möglicherweise findet man auch
einen passenden Vormittagszug, mit dem Du bis 17.00 in T. sein
kannst. Das Reisen ist jetzt garnicht mehr schwierig. Gepäck mußt Du
aufgeben.
Es ist hier – trotz aller Besuche – etwas eintönig.
Die weiten Wege kann ich nicht mehr machen; schon Baiersbronn ist anstrengend wegen unsrer
peripheren, hohen Wohnlage (800) Die
nahen Wege sind einer wie der andere. "Unternehmungen" sind zu teuer.
Es ist aber notwendig, das ich einmal 20
Tage lang andere Luft atme. Richte dich also bitte ein
ab 1. September. Genauere Vorschläge mache
ich noch. Wir beide grüßen Dich herzlichst und wünschen Wohlbefinden
in jeder Hinsicht. In täglichem Gedenken auf jedem Wege innigst Dein Eduard.
[li. Rand] Ich erhalte immer wieder Einladungen an die "Freie
Univ. Berlin."