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Heidelberg. 18. Okt.
1950
Mein lieber Einziger!
Wie sehr erschreckt mich eben der Besuch von
Frau Buttmi, die Du um
Nachricht über mich befragtest. Ich habe so ruhig und freudig an Dich
gedacht während Deiner Reise in die
Schweiz
und hatte durch Deine lieben Karten so lebhaft daran teilnehmen
können. Dann wußte ich, daß Dich zu Haus ein Brief von mir empfangen
würde und war der Meinung, es würde Dich freuen, daß ich mich auch
ohne nähere Auskunft so ganz in Deine Situation bei der Rückfahrt von
Marburg versetzen
konnte.
Aber über Dein Befinden auf der Schweizer Reise habe
ich mich gründlich getäuscht, und Dein lieber Brief vom 13.
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| sagte mir zu meiner Betrübnis, daß der üble Katarrh Dir recht
zu schaffen machte. So war also mein beruhigtes Denken recht
verfehlt. – Am Sonntag den 15. habe ich einen langen Brief
geschrieben, der doch eigentlich am 17. hätte bei Dir sein müssen,
und so war ich mir keines Versäumnis bewußt. Nun macht es mich sehr
unruhig, daß Du schon früher auf Nachricht gewartet hast. Und ich
bitte Dich noch einmal recht herzlich, mache Dir doch keine Sorgen um
mich, ohne tatsächlichen Grund. Es könnte umgekehrt
[über der Zeile] mich ernstlich bekümmern, daß Du
offenbar recht nervös herabgestimmt und erregt bist. Ich wollte, ich
könnte Dir von der Pomade abgeben, die bei mir
erschreckend zunimmt.
Jetzt aber bin ich auch in Unruhe, da
statt der erwarteten Kunde über Deine Pläne für die Rückreise von
Saarbrücken diese Karte an
Frau Buttmi kam. – Solltest Du
in meinem Verhalten ein Nachlässigkeit sehen, so wäre mir das
furchtbar leid. Ich hatte gedacht, am 6. hattest Du einen Brief, da
wäre die Pause bis zum 15. nicht zu groß. Und
ich bildete mir ja ein,
<li. Rand> die Reise wäre
ein Ausspann und Freude gewesen!
Wann werde
<Kopf> ich Dich sehen? Sei in Liebe gegrüßt
von