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<Briefkopf: PROFESSOR DR. EDUARD SPRANGER
TÜBINGEN,
RÜMELINSTR. 12>
12.10.51.
Meine einzige Freundin!
Auch heute hat
die Post nichts von Dir gebracht. Ich beginne, unruhig zu werden.
Seit dem am 28. September abgesandten Brief habe ich nichts von Dir
gehört. Hoffentlich bist Du gesund, und nur faul. Dann habe ich
nichts dagegen. Aber eine Interimspostkarte solltest Du mir
schreiben. Ich kann sonst mein tägliches Werk nicht tun.
Dies
ist mühsam genug. Es müssen sorgfältige, aber höchst umfangreiche,
knochentrockene Dissertationen gelesen werden. Ein großer Aufsatz:
"Die Einheit der Wissenschaft. Ein Problem" ist so gut wie vollendet.
Die Korrespondenz im Anschluß an Bonn dauert
immer noch fort. – Ein Sohn
Conrad aus dem Weißen Hause war hier (ganz nett.)
Heute
Nachm. habe ich hier einen Vortrag: "Der unbekannte Gott" zu halten.
Morgen Vorm. Diskussion darüber; morgen Nachm. anderen Vortrag
anhören. Sonntag um 11 in
Stuttgart in dem
(überflüssigen)
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| "Weltbund
[über Welt] ?!
[unter Welt] ~ für Erneuerung der Erziehung" unter
dem Titel: "Der Lehrer als Erzieher zur Freiheit." Hinterher ist
Besuch bei der liebenswürdigen
Frau
Hangleiter geplant.
Die Gingkos beginnen, ihre Blätter
zu verlieren. In unsren Jahren ist der Eintritt in den Winter immer
eine trübe Schwelle. Du mußt mir versprechen, alles zur Erleichterung
zu tun und nicht an der verkehrten Stelle zu sparen. Laß Dir die
Kohleneimer rauftragen und gib dafür einem hilfreichen Mann aus der
Nachbarschaft so viel, daß er immer zur Verfügung steht. Wir heizen
natürlich auch schon ein Zimmer.
Bonner Rede wird als Beilage
zu der neuen Wochenschrift "Das Parlament" in 120000 Exemplaren
verbreitet.
Ich hoffe ungeduldig, bald Nachricht
von Dir zu erhalten. Sei von uns allen herzlich gegrüßt, am innigsten
von
Deinem
Eduard.