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<Briefkopf:
PROFESSOR DR. EDUARD SPRANGER
TÜBINGEN
RÜMELINSTR.
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13.V.[über der Zeile (fremde Hand?)] XI 52
Meine einzige Freundin!
Es ist in später Stunde noch ein wenig Zeit. Daher nur
ein Wort, damit
die Schreibpause nicht zu groß werde. Deinen Zettel findest Du anbei ausgefüllt. Das
Semester lief wiederum nur sehr allmählich an. Ich habe das Maximum unten noch einmal voll
besetzt; nicht die Empore. 1946/7 war das noch anders. Für die
Hegelübungen interessiert sich in der Stadt des Stiftes nur ein ganz
kleiner Kreis – nicht
ein Stiftsrepetent! Mehr als die
vorhandenen 16 wollte ich ja nicht aufnehmen. Aber davon ist die Hälfte alter bewährter
Namen, kaum 2 oder 3 Theologen. In
Berlin kamen bei solcher
Gelegenheit Juristen, Mediziner, Theologen. Es ist hier wieder ein
enger Geist eingekehrt. Mein Name wirkt abschreckend eher als anspornend, also wirkt
er eben doch nicht. Die Generation von Studenten, die wir jetzt haben, scheint mir
geringerwertiger als die von 1946/7 – oder wandert sie auf anderen Bahnen, die mir
verborgen bleiben? – Jedenfalls will ich ein Absinken meiner
Leistung als Dozent nicht erleben – und so ist es wirklich Zeit!
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Hans Barth –
Zürich hat den Ruf abgelehnt, ohne mit
dem Dekan oder mir irgendwie
Fühlung zu nehmen. Das ist doch "Schweizerisch." Man sagt, in etwa 3
Wochen hätten wir einen anderen Chef.
Er blamiert sich überall, nicht nur im
Universitätsbereich. Aber wie viel ist durch diesen _ _ _ _ in kurzer
Zeit schon verdorben!
Ein ganz klein wenig mehr Luft in meiner
Tätigkeit habe ich nun endlich gewonnen.
Paradoxerweise also mit dem Semesteranfang. Morgen spreche ich eine
Rundfunksache auf Band, die am 30.XI um 11 Uhr von Stuttgart gesendet wird. Übermorgen Nachm. fahren
wir mit den ersten Semestern der Ev. Studentengemeinde auf den
Traifelberg, vermutlich in den dicken
Schnee.
Mittwoch nächster Woche fällt wegen Bußtag aus. Wir
wollen dann Mittags abreisen und 2 Nächte in Zürich in dem Zentralhôtel
bleiben, wo auch wir s. Z. gewohnt haben.
Dann 2 Nächte in Bern.
Die Witwe des guten alten
Faber in
Lüneburg, Konfirmandin von
Scholz, ist gestorben. –
Meinecke scheint ganz gut über
den 90. Geburtstag hinweggekommen
[re. Rand (fremde Hand?)] (30.10) zu sein. –
Heuß hat
eine Anfrage an mich gerichtet, die ziemlich viel Mühe macht.
Frau Littmann, die Frau des
Pour le mérite
Kanzlers, ist in
Freiburg operiert worden. Hier – kann man das
nicht.
Du siehst, die Hand will nicht mehr.
<li. Rand>Innigst mit treuen
Grüßen von allen
Dein Eduard.
[re. Rand] Dank für die Mélanges.
Stürme sind in unsrer Wohnlage kaum
bemerkbar.
Meine Teilnahme zu Heinrich Eggerts Tod.