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Heidelberg.
20.VIII.52
Mein liebes Herz!
Habe Dank für Deinen lieben Brief beim Aufbruch von
Freudenstadt. Ich bin froh, daß die so kurze
Zeit dort doch wirkliche Erholung gebracht hat. Aber es kann wohl nur
gerade genügt haben, um das Gefühl der äußersten Erschöpfung zu
beseitigen, und Du wirst jetzt all Deine kluge Vorsicht gebrauchen
müssen, um den Gleichgewichtszustand zu bewahren.
Ich bin
überrascht, daß Du auf die
Mainau gehst. Ich
wußte nur, daß Du
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| nach einer scherzenden Bemerkung über
den
"Torkelkeller" von dort nichts mehr
gehört hattest. – Da siehst Du, wie wenig ich trotz all Deiner treuen
Mitteilungen weiß. – Und vor Oktober wirst Du kaum hier
"durchfahren"!? Ist das Dein Ernst? Weißt Du nicht, daß der 31.VIII.
diesmal ein Sonntag ist? Und wäre es nicht nötig, ihn irgendwie zu
einer persönlichen Begegnung zu machen, nachdem ich diese ganze Zeit
freudiger Feiern Deines Jubiläumsjahres hindurch von Deiner Nähe
ausgeschlossen war?
Ich kann es nicht glauben und lebe nach
dieser Hoffnung.