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Heidelberg.
18.III.53.
Mein liebes Herz!
Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief vom 16.III. und da will
ich nur rasch dafür danken, damit Dich der Brief noch vor der Abreise
erreicht. – Es ist hübsch, daß Dir die Feder so gut gefiel. Wir haben
lange nicht mehr solch Symbol der Ewigkeit ausgetauscht. Dieses hier
hat viele Jahre zwischen den Blättern meiner Schreibmappe gelegen und
mich sehr oft erfreut. Es ist eine Perlhuhnfeder vom
Gut Haseleu in Pommern, wo ich damals
Vally v. Alten besuchte. Dieses
zarte Kunstwerk der Natur hat neben seiner Schönheit auch eine
absolute Dauerhaftigkeit bewiesen, also auch die Berechti
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|gung zu seiner symbolischen Bedeutung. Was nun die prosaischen
Stahlfedern betrifft, (die ja aber garkeinen prosaischen Zweck
erfüllen sollen) so habe ich mich in der Stadt noch weiter nach der
Originalsorte umgetan, aber nur dabei erfahren, daß Soennecken
bereits eine Nachahmung sei von Roeder, wovon ich Dir dann nach
Tübingen auch eine Probe schicken werde.
Es ist gut, daß durch
W.
Scheibe die Erinnerung an den Geburtstag von
Lili auch bei mir durch Dich
geweckt wurde. Ich hätte die 80 beinah nicht bedacht, wie
sie auch bei mir! Wie kommt dieser Wolfgang
denn zu dieser Mitteilung an Dich!!
Am 1. April sind noch
andere Geburtstage für mich zu bedenken, wie überhaupt eben
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| die Schreibepflicht in garkeinem Verhältnis zu meiner
geistigen Verfassung steht. Ich spüre das Frühjahr nicht nur in
körperlicher Lahmheit.
Am Palmsonntag wird auf
Rügen der älteste Sohn,
Peter Vogts (vierzehnjährig)
eingesegnet. Er und seine Schwester
Adelheid, (Heidi) werden dann nach
Bergen in das Internat der Oberschule kommen, an
der ihr Onkel
Wolfgang Ruge
Direktor ist. Er ist der 2. Sohn von dem Juristen
Ludwig, den Du mal kennen
lerntest. Möge es gelingen, denn Rügen ist doch ganz besonders
gefährdet. – Am 28.II. konnte
Lili nicht zum 65. Geburtstag
meiner Schwester nach
Berlin kommen, wie Aenne sehr gehofft hatte.
–
Deine Reisepläne gehen ja zum Glück nicht in unsichere
Gebiete. Ich werde Dich mit
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| stillem Gebet begleiten und
werde mich freuen, wenn Du recht befriedigt von aller Mühe zurück
kommst. Es wäre schön, wenn Du einmal außer der Pflichterfüllung
recht interessante Eindrücke von der fremden Welt haben könntest.
Aber ob auch nordische Natur dabei berührt wird? Die Großstädte sind
sich doch mehr oder weniger ähnlich, dort freilich wohl gänzlich
unzerstört. – Wenn es Dir ein paar Tage des Ausruhens geben könnte,
wäre es doch schön, nicht so in Hast gleich
wieder abzureisen. Laß mich hie und da mit
einer Karte von Euch hören. Das etwaige Telegramm würde mich auch
nicht beunruhigen, wenn es eine Durchreise hier melden sollte. —
19.III. Im Begriff zur Stadt zu fahren, in der Altenheimsache, will
ich nur rasch den Brief schließen und mit zur Post nehmen. Ich hätte
noch mancherlei zu schreiben – also dann: nachher!
Viel gute Reisewünsche und herzliche Grüße für Euch
beide.
Deine Käthe.