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Badenweiler,
13.IV.56.
Meine geliebte
Freundin!
Ida war so geschickt, Deinen lieben Brief vom 5.
sofort an der Tür nach
Bad. umadressieren zu
lassen. So erhielt ich ihn als ersten Brief hier überhaupt. Ich
befürchte, daß die höchst wechselnden Wetterverhältnisse auch Dir
(wie mir hier) zu schaffen gemacht haben werden. Aber wir nähern uns
ja einer konsolidierteren Jahreszeit.
Wir haben es hier so gut
getroffen, wie es nach Lage der Dinge und nach unsrer Beschaffenheit
möglich war. Das
Hôtel (Engler) ist angenehm
ruhig, maßvoll in den Preisen, das Zimmer etwas zu eng für den
Vorfrühling. Wir sehen
[über der Zeile] u. a. in den
Kurpark, der sehr vielgestaltig ist (z. B. die Ruine mit
einschließt.) Natürlich war anfangs noch keine Knospe zu sehen.
Manche Cedern sind mitgenommen, alte Araucarien anscheinend erfroren.
Es sind schon recht viele Kurgäste da. Mit zunehmender Wärme konnte
ich auf den zahllosen Bänken herumsitzen – ohne irgend etwas zu
tun.
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Auch bei den Kurkonzerten hätte ich mich
früher nicht so lange aufgehalten. Das Befinden im ganzen ist nicht
auf der Höhe, die Augen machen besonders viel Plage. Gestern sind wir
zum 1. Mal zusammen im Wald gewesen, der ja in den Ort hineinreicht.
Alles ganz hübsch, aber kein Freudenstädter Wald und offenbar
kein Klima für die Nerven.
Die ganze
Herrlichkeit kann nur bis Samstag 21.IV früh reichen. Denn man wird
mich zum Ehrenmitglied der Deutschen
Akademie für Sprache und Dichtung wählen, und der Akt der
Diplomüberreichung ist für 24.IV. früh in Stuttgart angesetzt.
An Bekannten haben wir
getroffen
Gerhard Heß (aus
Heidelberg), jetzt Präsident der DFG,
Grafen Dürckheim-Montmartin, eine Zeitlang in
Japan, jetzt Zenprediger in
Todtnau oder so, den Nervengott (
Kretschmer) aus
Tübingen. Aber wir sind mit niemandem eigentlich
zusammengewesen.
Es fehlt mir, daß ich hier keine Erinnerungen
an frühere Wanderungen mit Dir habe. Aber natürlich gedenke ich
Deiner stets.
<li. Rand> Susanne und ich grüßen herzlichst u.
wünschen alles Gute! Dein Eduard
[re. Rand] Die erste Postnachsendung brachte 30 Briefe (nur die
kleinen Formate werden nachgesandt.) Da ist für schlechtes Wetter
genug zu tun. Aber gestern war ein herrlicher sonniger
Tag.