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Heidelberg.
26.III.57.
Mein geliebter
Freund!
Draußen ist eine wundervolle
Frühlingssonne, die ich mir zu Deinem Empfang nicht schöner wünschen
könnte, aber wer kann da auf Beständigkeit rechnen! Für mich wäre
freilich auch davon nicht die Freude an Deiner Gegenwart
nicht geringer, aber Dir möchte ich
doch ein recht ungestörtes Gelingen wünschen, denn die Stimmung
Deiner lieben Zeilen bedrückt mich. Es ist nur eine Beruhigung, daß
der Bronchialkatarrh beseitigt ist. Ich wage
garnicht zuzureden, denn die Reise soll Dir doch keine Zumutung
sein.
Es gibt viel Einzelheiten, die ich genauer zu besprechen
hoffte – denn vieles bleibt mir
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| doch oft nur
Andeutung.
Aber was Du von der Büste des Bildhauers
Halbritter sagst, ist leider
die Bestätigung meiner Befürchtung, die ich auf Grund seiner früheren
Zeichnung hatte.
Daß meine treu bewahrten Drucksachen sich
nützlich machen können, freut mich natürlich sehr. Ich habe hier in
der drangvollen Enge doch eingesehen, daß ich nie dazu kommen werde,
sie wieder zu ordnen. Im Bücherschrank habe ich noch einige, die mir
s. Z. besonders lieb waren, und die ich mir griffbereit halten
wollte. Vielleicht können wir sie bei Deinem Hiersein mal
ansehen!
Ich muß heut diesen Zettel so abschicken, denn um 5
Uhr wird die alle 2 Wochen übliche Andacht mit
Missionar Guther sein, die ich
aus bestimmten Gründen nicht versäumen möchte. Und der Gruß
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| soll womöglich noch vorher in den Briefkasten.
Es wäre
schön, wenn Du mich am Sonntag schon zum Essen abholen könntest, ganz
abgesehen von dem Zusammensein, wäre es eine Wohltat, einmal dem
betäubenden Lärm des offiziellen Abfüttern zu entgehen. Das habe ich
vorigen Freitag bei
Hedwig
Mathy als rechte Erholung genossen. – Es ist am Ende der
Haydn-Straße, die auf unser Haus trifft, in
der
Steubenstr.
wo die Elektrische
fährt, ein gutes Restaurant:
Rosengarten, das
ich nicht entdeckt hatte, als Du letztesmal kamst. Wir bogen zu früh
nach links gegen den
Bachlenz!
Hanne Héraucourt hat mir eine
Möglichkeit verschafft die Erinnerungen von
Carossa leihweise zu erhalten.
Und von
Hedwig M. habe ich das
Blaue Buch Menschen der Zeit, und studiere daran Physiognomik und
Geschichte!
Dir und
Susanne recht herzliche Grüße
und für
Ida gute Wünsche für
volle Erholung.
Immer
Deine
Käthe